rweckung Wir zogen zur Stadt hinaus und kamen an die Brücke, vor der ein steinernes Tier steht, beinah wie ein Stier anzusehen. Der Blinde hieß mich nahe an das Tier herantreten, und als ich‘s tat, sagte er: »Lazaro, leg dein Ohr an den Stier, und du wirst drinnen großes Getöse hören.« Ich in meiner Einfalt glaubt‘s und gehorchte, und als er fühlte, daß ich den Kopf an den Stein gelegt hatte, holte er mit der Hand kräftig aus und gab mir eine gewaltige Maulschelle. Mein Kopf schlug so hart wider den maledeiten Stier, daß mir die Beule noch nach drei Tagen weh tat.
»Du Tölpel,« rief er, »merk dir, ein Blindenjunge muß selbst den Teufel noch in den Sack stecken!«, und er lachte weidlich über den Spaß.
Mir aber war, als erwachte ich in dem Augenblick aus der Einfalt, darin
ich als Kind hingeschlummert hatte. - Lazarillo
von Tormes, nach (
schel
)
Erweckung (2) »In Chuchu-Choto erschien, man wußte nicht, woher er kam, der Einsiedler Zagan-Lama Raschi-Tschjamtscho. Nachdem er eine bestimmte Zahl von Wundern in der Stadt vollbracht hatte, verschwand er in die Berge. In den Bergen, Bürger Professor . . .«
»Witali Witalijewitsch, wenn Sie die Güte haben . . .«
»In den Bergen, verehrter Witali Witalijewitsch, siedelte er sich zum Zwecke eines heldenmütigen Lebenswandels beim Felsen Dungu-Choda an und verbrachte dort die Zeit mit dem Lesen der heiligen Bücher, half den Menschen, die Gesetze Buddhas befolgen und wachte eifersüchtig über die Vervollkommnung seines Geistes. Bald breitete er die in Gebetstellung gelegten Arme aus und im Jahre des Rötlichen Hasen . . .« »Also ungefähr 1620?«
»1627, verehrter Witali Witalijewitsch ... in diesem Jahre errichtete er
einen Tempel in Höhe von fünf Zsjan im Tale des Aimak Tuschutu-Chan, am Berge
Baubai-Bada-Rachu, an den Quellen des Flusses
Ussutu-Golo. Er selbst mauerte sich zur Herabflehung des Heiles für die Lamas,
Chuwariken und alle beseelten Wesen in den Felsen Dungu ein und verlebte daselbst
sieben Jahre, nicht allein im Ertragen dieser schwierigen Leistung, sondern
auch hilfstätig für die Menschheit, sich Buddhas Gesetz und Lehre anzueignen. Er
starb im zwanzigsten Jahre der Regierung Schuno-Tschjis, nachdem er etwa dreißig
Jahre der Betrachtung geweiht hatte. Seine wichtigsten Schüler Zagai-Daj-tschi,
Tschachar-Dajtschi und Erdeni-Dajtschi, die seine Zelle mit würdiger Andacht
entmauert hatten, fanden nicht die Knochen des Zagan-Lama Raschi-Tschjarntscho,
teurer Professor, teurer Witali Witalijewitsch, sie fanden dort eine vergoldete
Bronzestatue, den Burchan Siddharta Gautama, genannt Buddha. So vollzog sich
auf Erden die dreihundertste Erweckung des allerhöchsten Lamas Sakija, des ewigen
Retters der Geschöpfe und Spenders jeglicher Tugend.« - Wsewolod
Iwanow, Die Rückkehr des Buddha. Nördlingen 1989 (Die Andere bibliothek
49, zuerst ca. 1930)
Erweckung (3) An einem Sonntagmorgen erschloß
mir der alte Indianerhäuptling mit einem Schwertstreich
zwischen Milz und Herz das Bewußtsein: »Vertrauen Sie mir«, sagte er, »fürchten
Sie sich nicht, ich werde Ihnen nichts Böses tun«, und er trat schnell drei,
vier Schritte zurück, und nachdem er mit dem Knauf seines Schwertes einen Kreis
in der Luft hinter sich gezogen hatte, stürzte er sich auf mich, vorwärts, mit
aller Gewalt, wie wenn er mich umbringen wollte. Doch die Spitze des Schwertes
streifte mir nur gerade die Haut, so daß ein winziger Tropfen Blut herausspritzte.
Es tat überhaupt nicht weh, aber ich hatte tatsächlich den Eindruck, wach zu
werden für etwas, zu dem ich bis jetzt keine Anlage gehabt und das ich aus einem
falschen Blickwinkel betrachtet hatte, und ich fühlte mich von einem Licht erfüllt,
das ich noch nie besessen hatte. -
Antonin Artaud, Die Tarahumaras. In: A. A., Mexiko. München 1992 (zuerst 1937)
Erweckung (4)
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