Ernährung, falsche    Ein Indianerkind in Demerera hatte die Gewohnheit angenommen, Sand zu essen, und starb daran. Nun lag seine Leiche im offenen Sarg, den sein Vater von einem Zimmermann in der Nachbarschaft besorgt hatte. Vor dem Begräbnis stellte sich die Großmutter des Kindes zum Sarg und sprach mit klagender Stimme:

»Mein Kind, ich hab dir immer gesagt, du sollst keinen Sand essen. Ich hab dir nie Sand gegeben, ich wußte, es ist nicht gut für dich. Du hast ihn dir immer selbst gesucht. Ich hab dir gesagt, es ist schlecht. Jetzt siehst du, es hat dich getötet. Tu mir nichts, du hast dir das selber angetan, etwas Böses hat dir eingegeben, Sand zu essen. Sieh, ich leg dir deinen Pfeil und Bogen an die Seite, daß du dich damit vergnügst. Ich war immer gut zu dir. Jetzt sei auch du gut zu mir und tu mir nichts.«

Dann trat die Mutter weinend dazu und sprach in einer Art von Singsang:

»Mein Kind, ich hab dich in die Welt gebracht, damit du alle guten Dinge siehst und dich an ihnen freust. Diese Brust hat dich genährt, solange du nach ihr verlangt hast. Ich habe dir hübsche Sachen und Hemdchen gemacht. Ich hab für dich gesorgt und dich genährt und mit dir gespielt und hab dich nie geschlagen. Du mußt gut sein und nichts Böses auf mich bringen.«

Der Vater des toten Kindes näherte sich auch und sagte:

»Mein Junge, als ich dir sagte, daß der Sand dich töten wird, hast du nicht auf mich hören wollen, und jetzt siehst du, du bist tot. Ich bin ausgegangen und hab einen schönen Sarg für dich besorgt. Ich werde arbeiten müssen, um ihn zu bezahlen. Ich hab dir dein Grab an einem schönen Ort gemacht, wo du gern gespielt hast. Ich werde dich zurechtlegen und dir Sand zürn Essen mitgeben, jetzt kann er dir nicht mehr schaden, und ich weiß, wie gern du ihn hast. Du darfst mir kein Unglück bringen, such lieber nach dem, der dich Sand essen machte.«

Großmutter, Mutter und Vater haben dieses Kind geliebt, und obwohl es so klein ist, fürchten sie seinen Groll, denn sie sind noch am Leben. Sie beteuern ihm, daß sie an seinem Tod nicht schuldig sind. Die Großmutter gibt ihm Pfeil und Bogen mit. Der Vater hat ihm einen teuren Sarg gekauft, er legt ihm auch Sand zum Essen ins Grab, weil er weiß, wie gern er ihn hat. Die schlichte Zärtlichkeit, die sie dem Kinde beweisen, ist ergreifend; und doch hat sie etwas Unheimliches, denn sie durchdringt sich mit Furcht.   - (cane)

Ernährungsverhalten

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