»Auf den Chauffeur zielen!« befahl Gustav schnell, eben rannte der schwere Wagen unter uns vorbei. Und schon zielte ich und drückte los, dem Lenker in die blaue Mütze. Der Mann sank zusammen, der Wagen sauste weiter, stieß gegen die Wand, prallte zurück, stieß schwer und wütend wie eine große dicke Hummel gegen die niedere Mauer, überschlug sich und krachte mit einem kurzen leisen Knall über die Mauer in die Tiefe hinunter.
»Erledigt«, lachte Gustav. »Den nächsten nehme ich.«
Schon kam wieder ein Wagen gerannt, klein saßen die drei oder vier Insassen in den Polstern, vom Kopf einer Frau wehte ein Stück Schleier starr und waagrecht hinterher, ein hellblauer Schleier, es tat mir eigentlich leid um ihn, wer weiß, ob nicht das schönste Frauengesicht unter ihm lachte. Herrgott, wenn wir schon Räuber spielten, so wäre es vielleicht richtiger und hübscher gewesen, dem Beispiel großer Vorbilder folgend unsre brave Mordlust nicht auf hübsche Damen mit auszudehnen. Gustav hatte aber schon geschossen. Der Chauffeur zuckte, sank in sich zusammen, der Wagen sprang am senkrechten Fels in die Höhe, fiel zurück und klatschte, die Räder nach oben, auf die Straße zurück. Wir warteten, nichts regte sich, lautlos lagen, wie in einer Falle gefangen, die Menschen unter ihrem Wagen. Der schnurrte und rasselte noch und drehte die Räder drollig in der Luft, aber plötzlich tat er einen schrecklichen Knall und stand in hellen Flammen.
»Ein Fordwagen«, sagte Gustav. »Wir müssen hinunter und die Straße wieder frei machen.«
Wir stiegen hinab und sahen uns den brennenden Haufen an. Er war sehr rasch ausgebrannt, wir hatten inzwischen aus jungem Holz Hebebäume gemacht und lüpften ihn beiseite und über den Straßenrand in den Abgrund, daß es lange in den Gebüschen knackste. Zwei von den Toten waren beim Drehen des Wagens herausgefallen und lagen da, die Kleider zum Teil verbrannt. Einer hatte den Rock noch ziemlich wohlerhalten, ich untersuchte seine Taschen, ob wir fänden, wer er gewesen sei. Eine Ledermappe kam zum Vorschein, darin waren Visitenkarten. Ich nahm eine und las darauf die Worte: »Tat twam asi.«
»Sehr witzig«, sagte Gustav. »Es ist aber in der Tat gleichgültig,
wie die Leute heißen, die wir da umbringen.
Sie sind arme Teufel wie wir, auf die Namen kommt es nicht an.
Diese Welt muß kaputt gehen und wir mit. Sie zehn Minuten unter
Wasser zu setzen, wäre die schmerzloseste Lösung, an die Arbeit!«
- Hermann Hesse, Der Steppenwolf. München 1963 (dtv
147, zuerst 1927)
Und so wird abgestimmt, übrigens, sagen wir mal: Antrag 100 und man sagt:
damit sollen gleichzeitig die Anträge 103-110, 120/121 erledigt sein. -
Alexander Kluge, Die Patriotin. Texte/Bilder 1-6. Frankfurt am Main 1979
»Hast du Kleingeld?«
»Was? Nein, das habe ich für das Taxi ausgegeben.«
»In meiner Hosentasche ist Kleingeld.«
»Wo sind deine Hosen? Hier sind sie, auf dem Boden ...« Sie hob seine Hosen
auf und fühlte in den Taschen nach. Mark sah staunend zu. Sie benahm sich bereits
wie eine Ehefrau. »Ich bin erledigt«, gestand er sich ein. - Isaac Bashevis Singer, Die Hexe. In: I.B.S., Leidenschaften.
Geschichten aus der neuen und der alten Welt. München 1993. (zuerst 1975)
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