rfinder   Ein Kanonier unterbreitete während der Französischen Revolution, im zweiten Jahr der Republik, dem Wohlfahrtsausschuß den Entwurf einer neu erfundenen Kanone mit grauenhafter Wirkung. Man setzt einen Tag fest für die Probe in Meudon; aber Robespierre schreibt dem Erfinder ein Briefchen, in dem er ihn dermaßen lobt, daß dieser, als er es liest, wie vom Schlag gerührt ist. Er mußte im Zustand vollkommenen Schwachsinns ins Spital gebracht werden, und von der Kanone war nicht mehr die Rede. - (cav)

Erfinder (2) Léotard, berühmter Luftgymnastiker, Erfinder des Todessprunges, geb. am 1. Aug. 1838 in Toulouse. Er studierte, erhielt mit 17 Jahren das Diplom, bereitete sich auf die Advokatenprüfung vor und wurde Trapezkünstler. Wenn man ihn fragte, warum er  das dem Advokatenstande vorziehe, antwortete er »Weil ich da weniger hässlich bin.« — Und dann war auch sein Vater »Professor der Gymnastik« Dieser Vater eröffnete in Toulouse ein Etablissement, in welchem er die Gymnastik lehrte. Einige Artisten der Circus-Troupe des Mr. Déjean in Paris besuchten einst diese Schule und waren von den Leistungen des Sohnes d. Directors so überrascht, dass sie nach ihrer Heimkehr dem Déjean ganz entzückt davon erzahlten welcher nach Toulouse reiste, sich von dem jungen Léotard alle seine Künste vormachen liess und ihn auf der Stelle für den Cirque l‘Impératrice engagirte. Léotard kam in Begleitung seines Vaters nach Paris. Aus Angst vor seinem ersten Auftreten bekam Léotard den Typhus, und konnte erst nach drei Monaten arbeiten; da es aber mittlerweile Winter geworden, wo der Cirque de l‘Impératrice geschlossen war, geschah sein Debut im Cirque Napoléon, dem Winterquartier, am 12. Nov. 1859. Sein Erfolg war so grossartig, dass ihm zu Ehren die Artisten der Troupe Déjean ein grosses Banquet gaben, welchem er an der Seite seines Vaters — präsidierte. Sie überreichten ihm eine goldene Medaille, deren eine Seite die Namen der Spender, die andere das Innere des Circus während der Trapezarbeit Léotard‘s darstellte.

Von diesem Augenblicke an war sein Leben nur noch eine Reihe von Triumphen und von Liebesbriefen, welche alle von seinem Vater geöffnet, gelesen und — beiseite gelegt wurden. Léotard ging im Jahre 1861 zwei Monate zu Renz nach Berlin u. dann nach Paris zurück. Todestag war nicht zu ermitteln. - Aus: Salto. 99 Luftsprünge, Purzelbäume und andere Kunststücke. Berlin 2001 (Wagenbach, Salto 100, Hg. Susanne Schüssler, Maren Arzt)

Erfinder (3) Der Vater war ein ziemlich ungewöhnlicher Kerl. Als er Arbeiter oder Werkmeister in einer Kesselfabrik in Valenciennes auf der anderen Seite der belgischen Grenze war (denn er liebte es, mit den Seinen umzusiedeln), hatte er ein neues System erfunden, die Kessel zu reinigen, das weitgehend übernommen wurde. Nun, Erfinder geworden, lebte er ab sofort von seiner Erfindung, hatte jede Erwerbsarbeit aufgegeben und verbrachte seine Tage mit ernster und nachdenklicher Miene in seinem Sessel. Wenn man ihn fragte, woran er dachte, antwortete er einfach: »Ich erfinde.... «

Leider erfand er nichts mehr, und es kam der Tag, an dem er eine Beschäftigung suchen mußte, die es ihm ermöglichte, den Topf wieder zum Kochen zu bringen. Da er eine schöne Baritonstimme hatte, wurde er Vorsänger in der Pfarrkirche. - Georges Simenon, Intime Memoiren. Zürich 1984, zuerst 1981

Erfinder (4)  In Fachkreisen hat das US-amerikanische Patent 6 960 975 für einigen Unmut gesorgt, denn die Erfindung widerspricht den Gesetzen der Physik. Boris Volfson aus Huntington, Indiana, wurde im November letzten Jahres bescheinigt, eine Maschine entwickelt zu haben, die die Schwerkraft aufhebt. Sie könne der Gravitation sogar entgegenwirken und ein Raumschiff dadurch auf Über-Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, behauptete der Erfinder in seinem Patentantrag.

Wie der Antrieb funktioniert? Volfson: Quantisierte Wirbel von Gitterionen erzeugen ein gravito-magnetisches Feld, das den Vakuumdruck vor dem Raumschiff senkt und hinter dem Schiff erhöht. Die Patentbeamten seien wohl auf die wissenschaftlich klingenden Formulierungen reingefallen, kritisierte prompt die amerikanische Physikervereinigung. Beim Patentamt sah man das nicht so eng: Im Zweifelsfall habe der Erfinder nichts von seinem Patent, hieß es. - Alexander Mäder, Berliner Zeitung vom  8. September 2006

Erfinder (5)

 

Die Zeichnung in brauner Kreide zeigt ein deutlich erkennbares Veloziped mit zwei Rädern von je sieben Speichen, Gabeln, Pedalen, Kette, Lenkstange und Sattel. Entdeckt wurde die Skizze im sogenannten Codex Atlanticus, den ein Konservator (Pompeo Leoni) Ende 16. Jahrhundert zusammengestellt hatte, indem er handschriftliche lose Leonardo-Blätter - mit zum Teil pornographischen Zeichnungen - auf neue Unterlagen klebte. In den 60er Jahren begann eine Gruppe von Mönchen unter Leitung des Lexikographen Professor Augusto Marinoni an der Mailänder Katholischen Universität, den Codex zu restaurieren. 1974 teilte Marinoni der erstaunten Welt mit, beim Öffnen eines eines in der Mitte zusammengefalteten und zugeklebten Blattes hätten "seine" Mönche den Entwurf eines Fahrrads entdeckt. Lessing hat jedoch inzwischen einen Kunsthistoriker aufgetrieben, der den Codex Atlanticus schon 1961 untersucht hatte. Dr. Carlo Pedretti von der amerikanischen University of California in Los Angeles entfaltete die zugeklebten Blätter zwar nicht. Er "durchleuchtete" sie jedoch mit einem hellen Licht. Aus seinen damaligen Notizen geht hervor, daß er auf der Innenseite zwei von Schlangenlinien durchzogene Kreise sah. "Aber ein Fahrrad war das nicht", bestätigte Pedretti jetzt dem "New Scientist". Lessing vermutet, daß einer von Marinonis Mönchen in den 60er oder frühen 70er Jahren die beiden Kreise verbunden und zum Fahrradentwurf umfunktioniert hat. "Das ist genau, was einem Mönch einfallen könnte, wenn er sich langweilt", meint Nicholas Clayton, der Chefredakteur von "Boneshaker", dem Vereinsblatt des britischen Fahrradveteranenklubs. - Peter Michalski, Berliner Morgenpost vom 17. Oktober 1997

Erfinder (6)  Man kann die Erfinder nach ihren verschiedenen Grillen einteilen... Es gibt ganze Gattungen, die fast harmlos sind... Die mit den ‹Fluiden›, die ‹Telluriker› zum Beispiel... die ‹Zentripetalen›... Das sind umgängliche Burschen, sie fressen einem aus der Hand... Auch die Erfinder von Küchengegenständen sind nicht sehr schwierig... Alle ‹Käse-Reiber›... die ‹chinesisch-finnischen Kochtöpfe›, die ‹doppelstieligen› Löffel›... kurz, alles, was man zum Kochen braucht... Das sind Leute, die gern schlabbern... Lebenskünstler... Die Verbesserer der Untergrundbahn?... Da muß man schon aufpassen! Aber die ganz gefährlichen, die entfesselten, die mit Vitriol arbeiten, kommen fast alle vom ‹Perpetuum›... Die sind zu allem entschlossen, um ihre Entdeckungen zu beweisen!... Sie würden einem die Haut vom Wanst reißen, wenn man den geringsten Zweifel zu äußern wagte... mit denen ist nicht zu spaßen...

So habe ich bei Courtial einen Bademeister gekannt, der fanatisch war... Er sprach immer von seinem ‹Pendel›, und nur ganz leise... dabei stand Mordgier in seinen Augen... Auch ein stellvertretender Staatsanwalt aus der Provinz besuchte uns ... Er kam eigens aus dem Südwesten, um uns seinen Zylinder zu bringen... eine riesige Röhre aus Hartgummi, mit einem zentrifugalen Ventil und einem elektrischen Auslöser ... Auf der Straße konnte man ihn schon von weitem erkennen, er ging immer schräg, an den Läden entlang... So neutralisierte er die Anziehung des Merkur und die Ausströmungen der Sonne, die ‹ionischen›, die die Wolken durchbrechen... Weder bei Tag noch bei Nacht legte er sein riesiges, aus Asbest und Seide geflochtenes Halstuch ab... Das war sein Wellendetektor... Geriet er in die ‹Interferenz›... dann schauderte ihn sofort... Blasen stiegen ihm aus den Nasenlöchern... - (tod)

Erfinder (7)   Henri Grien  bat um eine freie Überfahrt nach Hause im Austausch gegen die Hälfte seiner Anteile an einem Patent für einen Taucheranzug, das er der britischen Admiralität zu verkaufen hoffte. Er sagte, der Anzug funktioniere nach dem Prinzip des kupfernen Dampfschlauchs. Jeder könne in absoluter Sicherheit bis sechzig Faden tauchen, obwohl der dänische Taucher, der ihn vor der Küste von Sydney als erster ausprobiert hatte, tot an die Oberfläche geholt worden war. «Warum haben Sie ihn nicht selber ausprobiert?» «Narr!» sagte Henri. «Wenn ich in dem Anzug tauche und etwas geht schief, wer soll dann erklären, was vorgefallen ist?» - (pat)

Erfinder (8)

- N.N.

Erfinder (9) JOHN GEORGE HAIGH, der Säurebadmörder von London, war ein besessener Erfinder. Allerdings brachte ihn seine Manie dazu, neun Menschen zu töten und ihre Leichen auf ingeniöse Weise in formlosen Schlamm zu verwandeln — er gefiel sich darin, alle Arbeit äußerst perfekt durchzuführen, . .. wie ein Künstler seine Bilder malt. Er hat unter anderem einen geräuschlosen Hammer und ein Einfädelgerät für Blinde erfunden. Konstruktionen dieser Art ... verlangen Phantasie und genaues Denken, sagte HAIGH selber, sie sind nichts Alltägliches. Ich wußte: Hier war ich schöpferisch. Ich liebte den ständigen Kampf mit dem Unbekannten. - Emmet Williams, nach: Daniel Spoerri u. a., Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls. Neuwied und Berlin 1968

Erfinder (10)  Ich bin ein Erfinder, in ganz anderem Sinne verdienstvoll als alle meine Vorgänger; ein Musiker sogar, der ich so etwas wie den Schlüssel der Liebe gefunden habe. Zur Zeit Edelmann auf rauhem Grund, unter kargem Himmel, versuche ich mich rühren zu lassen in Erinnerung an die bettelhafte Kindheit, an die Lehrzeit oder die Ankunft in Holzschuhen, an die Balgereien, an die fünf oder sechs Witwenschaften und an einige Ausschweifungen, bei denen mein starker Kopf mich davor bewahrte, mich ebenso toll zu gebärden wie die Kameraden. Ich traure meinem alten Anteil an der göttlichen Heiterkeit nicht nach: die karge Luft dieses rauhen Landes nährt mit sehr guter Wirkung meinen fürchterlichen Skeptizismus. Aber da ich diesen Skeptizismus künftig nicht mehr betätigen kann, und da ich übrigens auch zu einer neuen Verwirrung bestimmt bin, — so warte ich darauf, ein bösartiger Narr zu werden.  - Arthur Rimbaud, Eine Zeit in der Hölle, nach (rim)

Erfinder (11)  

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