remit   Als wir zum ersten Male einen langen, steingrauen und mit schwarzen Querbinden getigerten Fisch ins Boot zogen, setzte Celsus ihm sogleich mit starken Ruderhieben zu und beschwor uns dabei, unsere Zehen in acht zu nehmen. Wir hatten den Seewolf gefangen, den der Normann Stenbit nennt und der, während er sich zwischen unseren nackten Füßen umherschnellte, ein Gebiß entblößte, wie man es sonst nur bei Raubtieren sieht. Als ich ihn nachher auf einer Granitplatte sezierte, fand ich Magen und Darm mit einer Breccia von zertrümmerten Muschel- und Krebsschalen gefüllt und nicht nur die Kiefer mit spitzen Kegelzähnen besetzt, sondern auch den Gaumen mit gerillten Panzerplatten bewehrt. Da der Fisch außerdem eine lauernde und tückische Physiognomie besitzt, so schien mir das an ihm vollzogene Strafgericht ganz in der Ordnung zu sein. Der Magister indessen erwies sich auch bei dieser Gelegenheit als denkender Mensch, indem er die Vermutung äußerte, daß hier vielleicht die uralte Mißgunst gegen den Einsiedler lebendig sei und sich in diesem Wesen» das muschelkauend in den Klippen hause, ein kontemplativer Geist verberge, der unseres Schutzes würdig sei. Der Antrag wurde erwogen und dann beschlossen, den Eremiten künftig mit aller Vorsicht wieder über Bord zu setzen. Auf diese Weise sammeln wir Verdienst. - Ernst Jünger, Myrdun. Briefe aus Norwegen (31. Juli 1935). München 1980 (dtv bibliothek kubin, zuerst 1943)

Eremit (2) Pfarrer Fleischmann erzählt vom Heiligen Makarius, der sich als Einsiedler in die Wüste zurückzog. Eines Tages überkommt ihn der Wunsch, nach Rom zu gehen, um dort die Siechen in den Spitälern zu pflegen. Pfarrer Fleischmann macht eine Pause. Ich schaue ihn an. Und, was hältst du von dieser Idee? Ich habe ein schlechtes Gewissen, da mir nie ähnliche Ideen kommen. Ich denke nur an mich. Ich möchte raus aus dem Sanatorium und nicht mehr in die Schule und auch nicht mehr nach Hause. Ich denke für einen Moment, dass ich vielleicht auch in eine an­dere Stadt gehen könnte, um dort die Siechen zu pflegen, aber dafür bin ich zu jung und unerfahren. Außerdem besteht Schulpflicht. Diese Idee war ein Zeichen seiner Heiligkeit, sage ich. Pfarrer Fleischmann schüttelt den Kopf. Nein, ganz im Gegenteil, das war eine Schlinge der Eigenliebe und des Hochmuts, eine Idee, die ihm der Satan eingegeben hatte. Zeichen seiner Heiligkeit war es, dass er diese List durchschaute. Er fesselte sich selbst an den Türbalken und beschwerte sich obendrein mit zwei Säcken voller Steine. Hol mich doch, wenn du kannst!, schrie er dem Satan entgegen. Und in dieser Haltung blieb er drei Nächte und drei Tage. Die ägyptischen Fliegen, die so groß sind wie unsere Bienen, plagten ihn mit ihren Stichen, die gefährlicher sind als die unserer Bienen. Übersät war er schließlich von Blut und Beulen. Und als ein anderer Eremit ihn fragte, warum er sich so peinige, da antwortete er: Ich quäle den, der mich quält. Ich war erschrocken, dass ich mich so hatte irren können. Ohne zu zögern hätte ich die Eingebungen des Satans für einen Akt der Heiligkeit gehalten. Wenn es aber nicht unbedingt gut war, andere Menschen zu pflegen, war es dann vielleicht umgekehrt auch nicht unbedingt schlecht, andere Menschen zu töten?  - (raf)

Eremit (3) An vielen Orten werden große Loecher in dem Gebuerge von Subrom gefunden, die einen großen und unergruendlichen Kammercomplex ausmachen. In dem, welches Augenkammer genennet, wohnet bei Kammerflimmern und Kertzenschein angetan in einem langen Gewande voller schwarzer Loecher ein frommer Kavernom schier unerforschlichen Althers. Dieser ist ein Eremit & Luciferath, dessen Sprache niemand verstehet, und welcher Morpionen zuechtet, und sich seine Nahrung verdienet mit Tuerkensaetteln. Er lebet nach dem Wahlspruch "Pedo, ergo sum!", treibet Nabelschau & Nabelflechten und meditiret comme a l'ordinaire uiber die sublimsten Ideen und Zwangsvorstellungen.
Man heißet ihn auch den Unschattigen, so er keinen Schatten werfe, wenn er in der Sonne stehe, doch scheuet er gemeiniglich den Genuß derselben. Auch spielet er gar wundersame Musik auf der Variola und auf der Wasserglasharfe, die uiberdieß die Ohren sehr belustiget, und welcher sich auch verstehet auf allerley Spindelgift & Zauberwerck, und soll uiberhaupt mit vielen fremden Kenntnissen begabet sein.
Man hoeret auch, er mache in seinen Weinkellern viele in vitro Versuch und es herrsche dort ein so schwunghafter Umsatz, daß man wuerde mit den leeren Bouteillen einen ertraeglichen Handel treiben koennen.  - (insul)

 

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