Erblassen  Nachdem der Neger sein Rasierbecken niedergesetzt hatte, suchte er unter den Messern das schärfste aus und gab ihm, als er es gefunden hatte, noch den letzten Schliff, indem er es auf der glatten, öligen Fläche seiner offenen Hand abzog. Dann machte er eine Bewegung, als wolle er beginnen, hielt aber, in der einen erhobenen Hand das Rasiermesser, mitten darin einen Augenblick still und betastete mit der anderen Hand fachmännisch den Seifenschaum auf dem hageren Hals des Spaniers. Keineswegs unempfindlich gegen den Anblick des dicht vor ihm blinkenden Stahls, überlief Don Benito ein nervöses Schaudern. Seine gewöhnliche Blässe wurde noch betont durch den Seifenschaum und dieser wieder Jn seiner Farbe durch den Gegensatz zu der schwarzen Haut des Negers. Im ganzen war es, wenigstens für Kapitän Delano, eine eigenartige Szene, und er vermochte, als er die beiden in dieser Stellung beobachtete, sich des Gedankens nicht erwehren, in dem Schwarzen einen Scharfrichter und in dem Weißen einen Menschen auf dem Richtblock zu sehen. Aber das war nur eines dieser grotesken Bilder, die in einem Atemzug auftauchen und wieder verschwinden und von denen vielleicht auch der ausgeglichenste Verstand nicht immer verschont bleibt.   - Herman Melville, Benito Cereno. In: H. M., Redburn. Israel Potter. Sämtliche Erzählungen. München 1967 (zuerst 1849)
 

Blässe

 

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