ntwaffnung   Die keusche Strenge der Väter in Allem, was den Umgang zwischen den beiden Geschlechtern betraf, floß aus demselben Grundsatze, und ebenso ihr Abscheu gegen jeden Genuß, welcher die sinnliche Natur des Menschen erfreuen, seine geistige aber herabwürdigen möchte. Es war ihre Lieblingsmeinung, daß Adam, wenn er seinen Gehorsam gegen den Schöpfer bewahrt hätte, ewig in einem Zustande jungfräulicher Reinheit gelebt und irgend eine harmlose Art von Vegetation das Paradies mit einem Geschlechte unschuldiger und unsterblicher Wesen bevölkert haben würde. Die Ehe war bloß seiner gefallenen Nachkommenschaft als noth-wendiges Mittel, das menschliche Geschlecht fortzupflanzen und als ein wenn gleich unvollkommener Zügel der natürlichen Ausgelassenheit des Verlangens gestattet. Die Unschlüssigkeit der orthodoxen Kasuisten über diesen interessanten Gegenstand verräth die Verlegenheit von Männern, welche ein Institut nicht billigen wollen, das sie doch zu dulden genöthiget sind.  Die Aufzählung der grillenhaften Gesetze, die sie höchst umständlich für das Ehebett entwarfen, würde der männlichen Jugend ein Lächeln und dem schönen Geschlechte ein Erröthen abzwingen. Es war ihre einstimmige Ansicht, daß eine erste Ehe allen Zwecken der Natur und der Gesellschaft genüge. Die sinnliche Vermischung wurde zu einer Ähnlichkeit mit der mystischen Vereinigung Christi mit seiner Kirche ausgebildet und weder durch Scheidung noch durch den Tod für auflösbar erklärt. Eine zweite Vermählung wurde mit dem Namen eines gesetzlichen Ehebruches gebrandmarkt, und die Personen, welche sich eines so ärgerlichen Vergehens gegen die christliche Reinheit zu Schulden kommen ließen, bald von der Ehre, ja selbst von den Almosen der christlichen Kirche ausgeschlossen.

Da man das Verlangen zum Verbrechen erklärte und die Ehe als einen Mangel duldete, stimmte es vollkommen zu denselben Grundsätzen, den Stand des Cölibats als die nächste Annäherung zur göttlichen Vollkommenheit zu betrachten. Nur mit der größten Schwierigkeit konnte das alte Rom das Institut von sechs Vestalinnen vollzählig erhalten; aber die erste Kirche war mit einer großen Anzahl von Personen beiderlei Geschlechtes angefüllt, welche das Gelübde ewiger Keuschheit abgelegt hatten. Einige von ihnen, darunter der gelehrte Origines, hielten es für das Beste, den Versucher zu entwaffnen. - Edward Gibbon, Verfall und Untergang des Römischen Reiches. Nördlingen 1987 (Die Andere Bibliothek 29, zuerst 1776 bis 1788)

Frieden, ewiger

 

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