ntmannung  Sie hatte sich seit jeher, als Kind schon?, ja, vielleicht schon als Kind, an dem andern Geschlecht rächen wollen. Es gab keinen Grund für ihre Rachsucht, nicht einen einzigen. Weder war sie etwa von ihrem Vater oder Großvater oder einem Onkel vergewaltigt noch je von einem Liebhaber betrogen oder verlassen worden. Ganz früh in ihrem Leben genügte es ihr, von gleichwelchem Jungen auf eine bestimmte Weise nicht einmal eigens angesehen, nur so im Vorbeigehen bemerkt zu werden - und es war von Anfang an fast unmöglich, sie nicht zu bemerken -, und sie dachte sofort, im Gegenzug: Wehe dir. Rache. Ich werde mich rächen. Gedacht, getan; bereits in den Kindertagen. Den andern in den Hinterhalt, zu sich, gelockt, ihn da bis zum letzten agieren und aus sich herausgehen lassen, und ihn dann, als wäre nichts gewesen (und es war ja auch nichts gewesen, gar nichts, alles nur Schein und Schleiertänze), mir nichts dir nichts abserviert oder »spazierengeschickt«, möglichst vor Zuschauern, möglichst männlichen, von denen einer, sich als der neue Auserkorene wähnend, der nächste würde bei ihrer Rache-Expedition, undsofort bis zum heutigen Tag: wie die kleinen Mitschüler damals, von ihr gründlich entzaubert und aus gleichwelcher Kinderwelt verstoßen, später auch nie mehr in gleichwelche Männerwelt finden würden, so wollte sie auch die Erwachsenen jetzt, die sich Tag für Tag auf sie einließen, von ihr danach im Handumdrehn weggeschickt, für immer entmannt sehen.   - Peter Handke, Don Juan (erzählt von ihm selbst) Frankfurt am Main 2006 (st 3739, zuerst 2004)

Entmannung (2)  Kronos nun ferner, der verschmitzte, entmannt den Uranos, durch List. Dies läßt sich deuten: die Alles beschleichende Zeit, welche mit Allem fertig wird, und uns Eines nach dem Andern heimlich entwendet, nahm endlich auch dem Himmel, der mit der Erde zeugte, d. i. der Natur, die Kraft, neue Gestalten ursprünglich hervorzubringen. Die aber bereits erzeugten bestehn fort, in der Zeit, als S p e c i e s. Kronos jedoch verschlingt seine eigenen Kinder: - die Zeit, da sie nicht mehr Gattungen hervorbringt, sondern bloß Individuen zu Tage fördert, gebiert nur sterbliche Wesen. Zeus allein entgeht diesem Schicksal: die Materie beharrt: - zugleich aber auch: Helden und Weise sind unsterblich. Der nähere Hergang des Obigen ist nun noch dieser. Nachdem Himmel und Erde, d. i. die Natur, ihre Urzeugungskraft, welche neue Gestalten lieferte, verloren haben, verwandelt dieselbe sich in die Aphrodite, welche nämlich aus dem Schaum der ins Meer gefallenen abgeschnittenen Genitalien des Uranos entsteht und eben die geschlechtliche Zeugung bloßer Individuen, zur Erhaltung der vorhandenen Species, ist; da jetzt keine neue mehr entstehn können. - (schop)

Entmannung (3)  Daß der entmannte Kronos von seinem Sohn Zeus verdrängt wurde, ist eine ökonomische Aussage: die achäischen Hirten, die bei ihrer Ankunft im Norden Griechenlands ihren Himmelsgott mit dem lokalen Eichen-Heros identifiziert hatten, gewannen Vorrang über die pelasgischen Ackerbauern. Doch es gab einen Rompromiß zwischen den beiden Kulten. Die Dione oder Diana der Wälder wurde mit der Danae des Gerste-Kultes gleichgesetzt; und die Tatsache, daß die gallischen Druiden späterhin eine goldene Sichel und nicht einen Krummdolch aus Feuerstein oder Obsidian benutzten, um den Mistelzweig zu schneiden, beweist, daß das Eichen-Ritual mit jenem des Gerste-Königs kombiniert worden war, den die Danae - oder Alphito oder Demeter oder Ceres - mit ihrer mondförmigen Sichel erntete. Das Ernten bedeutete die Kastration; so führen auch die Galla-Krieger in Abessinien in der Schlacht eine winzige Sichel mit, um damit ihre besiegten Feinde zu kastrieren. - (grav)

 

Mann

 

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