ntkommen  Nehmen Sie an, Sie sind mit einem Teufel und einem Engel in einen Raum gesperrt, der zwei Türen hat. Eine dieser Türen führt in die Sicherheit, die andere in den Untergang. Der Teufel lügt immer, und der Engel sagt immer die Wahrheit. Sie dürfen eine einzige Frage stellen, um herauszufinden, welche Tür die rettende ist, auf die Sie eine einzige Antwort erhalten. Leider sind beide Geister unsichtbar; Sie wissen also nicht, wer von den beiden Ihre Frage beantwortet hat. Welche Frage sollten Sie stellen, damit Sie entkommen können? - (bar)

Entkommen (2)  Als die Affen aus ihrem Schlafe erwachten und ihn und seine Leute nicht mehr sahen, wußten sie, daß jene geflohen waren. Und sofort ritt ein Teil von ihnen auf den östlichen Paß zu, der andere aber zum Ameisental. Und während sie dahineilten, erblickten sie plötzlich Dschanschâh und seine Mamluken, die gerade beim Ameisental angekommen waren. Wie sie das sahen, stürmten sie hinter ihnen her. Dschanschâh aber und seine Leute flüchteten beim Anblick der Affen und drangen in das Ameisental ein. Doch es verging nur eine kurze Weile, da fielen die Affen schon über die Flüchtlinge her und wollten sie töten. Plötzlich aber kamen Ameisen aus der Erde hervor, gleichwie ein Heuschreckenschwarm, und eine jede von ihnen war so groß wie ein Hund. Als die Ameisen die Affen sahen, stürzten sie auf sie zu und fraßen eine Menge von ihnen. Zwar wurden auch viele der Ameisen getötet, aber der Sieg blieb ihnen doch. Denn wenn nur eine Ameise auf einen Affen traf, so hieb sie auf ihn ein und zerteilte ihn in zwei Hälften, während zehn Affen eine einzige Ameise angriffen und an ihr herumzerrten und in zwei Teile zerrissen. Heftig tobte der Kampf zwischen ihnen bis zum Abend. Doch nachdem es dunkel geworden war, floh Dschanschäh mit den Mamluken, und sie eilten auf der Sohle des Tales dahin. - -«

Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die Fünf'hundertundfünfte Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß Dschanschâh mit seinen Mamluken floh, nachdem es dunkel geworden war; und sie eilten auf der Sohle des Tales dahin bis zum Morgen. Doch als es hell wurde, waren die Affen schon wieder dicht hinter ihnen. Wie Dschanschâh sie erblickte, schrie er seinen Leuten zu: 'Erschlagt sie mit den Schwertern!' Da zückten jene ihre Schwerter und hieben auf die Affen ein, nach rechts und nach links. Doch mit einem Male stürzte ein Affe wider sie los, der so große Zähne hatte wie ein Elefant, und er sprang auf einen der Mamluken, traf ihn und zerriß ihn in zwei Teile. Nun drangen die Affen in Scharen auf Dschanschâh ein, und er flüchtete bis ans Ende des Tales. Dort sah er einen großen Strom und an dessen Ufer eine gewaltige Ameisenschar. Als die Ameisen den Fliehenden aufsich zukommen sahen, umringten sie ihn; einer der Mamluken aber hieb mit dem Schwerte auf sie ein und zerschlug sie in Stücke. Wie die Krieger der Ameisen das bemerkten, stürzten sie in großen Haufen wider den Mamluken und machten ihn nieder. In diesem Augenblicke kamen plötzlich die Affen über den Berg und eilten in Scharen auf Dschanschâh los. Doch wie er ihr Anstürmen gewahrte, riß er sich sein Obergewand vom Leibe und sprang in den Strom hinab. Der letzte Mamluk, der ihm noch verblieben war, sprang hinter ihm her, und die beiden schwammen bis zur Mitte des Flusses. Von dort erblickte Dschanschâh einen Baum am anderen Ufer des Flusses; er schwamm hin und reckte seinen Arm nach einem der Zweige aus, ergriffihn und klammerte sich an ihn und schwang sich so ans Land. Über den Mamluken aber kam die Strömung, und sie riß ihn fort und zerschmetterte ihn an einem Felsen. - (1001)

Entkommen (3)

Der weiße Tod

Der müde Prinz warnt vor dem Gletscherspalt.
Der Milliardär verdaut die Table d'hôte.
Der Konsul spricht vom Unterwasserboot.
Der Opernstar, am Flügel, nachtigallt.

FREDS Finger sind am Halse von Miß Maud.
Er scherzt dabei; sie lacht in weichem Alt.
Schon ist das Perlenband in Freds Gewalt,
Da dröhnt Lawinensturz: der weiße Tod!

Die Eingeschlossnen brechen in die Knie.
Freds kühle Ruhe mildert das Entsetzen,
Er unterhält sie durch Salon-Magie.

Fred, mit Lyddit, sprengt gleich den Schnee zu Fetzen.
Von Maud umarmt verläßt er Chamonix.
(In Wien wird Aronsohn die Perlen schätzen.)

- Ludwig Rubiner, Friedrich Eisenlohr, Livingstone Hahn: Kriminalsonette. München 1979 (zuerst 1913)

Entkommen (4)   Eine junge Dame von sehr sanftem Wesen, eine gewisse Signora Fatelo, ließ es sich einfallen, mich zu lieben. Zwei junge Klosterbrüder eines Ordens, der nicht mehr besteht, Hochwürden Pater Poignardini und Hochwürden Pater Aconiti, machten ihr den Hof. Sie brachte die beiden unter einen Hut, indem sie ihre Gunst mir schenkte; dabei lief ich jedoch Gefahr, exkommuniziert und vergiftet zu werden. Höchst angetan von der Architektur des Petersdoms, reiste ich also wieder ab. - Voltaire, Geschichte der Reisen Scarmentados, nach  (vol2)

Entkommen (5)   Obwohl keiner der Bootsgäste die Lebensgefahr vor Augen hatte, die hart voraus drohte, erkannten sie doch an der grimmigen Miene des Steuermanns im Heck, daß der entscheidende Augenblick bevorstand; auch vernahmen sie ein gewaltiges dumpfes Geräusch, wie von fünfzig sich suhlenden Elefanten. Unterdessen brauste das Boot immer noch raumschots durch den Nebel; wie die aufgeblähten Nackenschilde gereizter Schlangen zischten und gischten die Seen um uns herum.

«Da — der Höcker! Dort, dort — gib's ihm!» raunte Starbuck.

Ein kurzes Sausen entschwirrte dem Boot, als Quiqueg dem Wal das Eisen gab. Dann ging alles drunter und drüber: Von achtern erfolgte unversehens ein Stoß, während das Boot vorne auf ein Riff aufzulaufen schien; das Segel fiel back und zerknallte; ein Strahl brühheißen Dampfes quoll in der Nähe empor; wie von einem Erdbeben wogte und wackelte es unter uns. Die Leute waren alle halb erstickt, als sie kopfüber in das milchig schäumende Gebrodel der Bö geprellt wurden. Sturmbö, Walfisch und Harpune, alles war eins; und der Wal, vom Eisen nur gestreift, suchte das Weite.  - (mob)

Entkommen (6)   Auf einer Telegraphenstange saß ein Mäusebussard und ruhte sich aus. Aber da kam eine Krähe und begann den stillen Vogel zu plagen. Der Bussard flog auf, die Krähe folgte ihm, und sie krahahte dazu mit einer unangenehm heiseren Stimme. Der Bussard schwieg. Er flog immer höher, immer höher, warf sich dem Wind entgegen und bewegte kaum die Flügel. Die Krähe folgte. Sie wollte ihren Krach haben, sie ließ nicht locker, immer wieder stieß sie gegen den stillen Vogel. Aber schließlich mußte sie es aufgeben. Der Bussard hatte eine Höhe erreicht, wo es der Krähe ungemütlich wurde. Krächzend ließ sie sich fallen. Der Bussard flog einen vollkommenen Kreis, und Studer beneidete ihn. Hier unten entkam man den Krähen nicht so mühelos. - Friedrich Glauser, Wachtmeister Studer. In: F. G.: Kriminalromane. Berlin 1990 (zuerst ca. 1936)

Entkommen (7)  Die Menschenfresserin ging zum Hause hinaus, holte einige Felsblöcke und wälzte sie gegen die Tür so daß sie fest verschlossen war und niemand heraus konnte. Hierauf ging sie mit einer Perlmutterschale zum Felsen hinauf und schliff sie, um sie recht scharf zu machen. Dabei sah sie zur Sonne empor und sang:

»Sonne, o Sonne, geh unter
 Ich möchte gehen und essen!
Schirenpue und Mauenpue,
Die will ich gerne fressen.«

Als sie so sang, hörte der Jüngste die Worte; sie erwachten und standen auf. Sie sahen sich überall um, doch konnten sie nirgendwo eine Stelle zum Entschlüpfen finden, denn die Tür war fest verrammelt. In ihrer Not krochen sie schließlich in eine Ecke und ließen dort einen gehörigen Wind streichen. Da barst die Wand; sie konnten herauskommen und liefen fort.

Als die Menschenfresserin zurückkam, schnitt sie die Matte auf, in die sie die Kinder eingewickelt hatte, befühlte und betastete sie und sagte: »Eine kleine Weile muß ich noch warten, dann werden sie schön zu essen sein!« - (sued)

Entkommen (8)  Soweit sie nicht vom Grauen vor dem Unbekannten einfach benommen und gelähmt sind, schimpfen und murren die Schwarzen im Krankenhaus dauernd und sinnen auf Mittel zu entkommen. Eines von diesen ist der Tod, den sie gar nicht fürchten. Die Europäer, die die Krankenhäuser gebaut und ausgestattet haben und darin arbeiten und mit großer Mühe die Kranken hinschaffen, beklagen sich bitter, daß die Schwarzen keine Dankbarkeit kennen und daß es ihnen gleichgültig ist, was man für sie tut. - (blix2)

Entkommen (9)  

- Walter Schnackenberg

Entkommen (10)

Es ist Nacht. Vatter Uhu schläft.
Mutter Uhu tritt auf, ohne ihn wahrzunehmen.
Vollkommene Dunkelheit.

Mutter Ubu: Endlich ein Unterschlupf! Mutterseelenallein, macht nichts, doch welch wilde Jagd! In vier Tagen ganz Polen durchquert! Alle Schläge des Schicksals haben mich auf einmal getroffen. Kaum ist dieser dicke Esel weg, lauf ich in die Krypta, um mich zu bereichern. Gleich danach werde ich von Bubelas und seinen Wüterichen fast gesteinigt. Dabei büß ich meinen Kavalier ein, den Pfahlgeist Zinne, der so sehr in meine Eeize vernarrt war, daß er vor Wollust außer sich geriet, wenn er mich nur sah und sogar, wie man mir versichert hat, wenn er mich nicht sah, was doch den Gipfel aller Zärtlichkeiten darstellt. Er hätte sich vierteilen lassen für mich, der arme Junge. Dafür ist er von Bubelas auch zerstückelt worden. Piff Paff pamm. Ach, ich glaubte, ich vergeh. Sodann ergreife ich die Flucht, von der rasenden Menge verfolgt. Ich lasse den Palast hinter mir, komme zur Wistulle, da sind alle Brücken bewacht. Ich schwimme durch den Fluß in der Hoffnung, so meine Häscher abzuschütteln. Überall schließt sich der Adel zusammen und macht Jagd auf mich. Tausendmal entgehe ich nur knapp dem Tode, eng umzingelt von auf meinen Untergang erpichten Polen. Schließlich gelang es mir doch, ihrer Wut zu entweichen, und nach vier Tagen Hetze durch den Schnee meines weiland Königreiches flüchte ich hierher. Diese vier Tage habe ich weder gegessen noch getrunken. Bubelas war mir dicht auf den Fersen... Endlich gerettet! Ich falle um vor Müdigkeit und Kälte. Ich möchte doch zu gerne wissen, was aus meinem dicken Wurstel geworden ist, will sagen, meinem sehr ehrenwerten Gemahl. Was hab ich dem Finanzen abgefuchst. Was hab ich dem Rixdal abgezwackt. Was hab ich dem Mäuse abgeluchst. Und sein Finanzroß, das vor Hunger starb. Gar oft hat es den bezahlten Hafer nicht zu sehen gekriegt, das arme Schwein. Ah! Was für ein Spaß! Doch, ach weh! Ich habe meinen Schatz verloren! Er liegt in Warschau, hol ihn sich, wer mag.

Vatter Ubu (wacht langsam auf): Fangt die Mutter Ubu ein! Ohnen abschneiden! - Alfred Jarry, Ubu Rex. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1888)

Entkommen (11)

Entkommen (12)

- Gustave Doré

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