ngel,
lächelnder
Seine Gedanken stiegen in den Himmel hinauf, um die Heilige
Theodora von Alexandrien zu erhaschen, die inmitten von Engeln über die fernen
Wüsten flatterte. Wer weiß, wie es ihr da oben ging, dieser so irdischen und
sittenlosen Heiligen, in der Gesellschaft der weißgekleideten Scharen und ständig
von Gewittern und Luftgeistern geplagt. Bleich und sorgenvoll, diese Engel,
und zu Recht immer mit gelangweilten Gesichtern dargestellt, denn natürlich
sind auch sie nicht besonders glücklich. Der einzige lächelnde Engel, den man
kennt, an der Fassade der Kathedrale von Reims - in Stein gehauen, den Blick
nach Westen gerichtet- wurde gerade deshalb berühmt, weil er im Gegensatz zu
all seinen Gefährten lächelt. - Luigi Malerba, Die nackten Masken. Berlin 1995
Engel,
lächelnder (2)
Zernul war ein junger Mann mit rasiertem Schädel, der speckig glänzte,
einem schütteren blonden Bart, einem von der Trunksucht und schlecht
verheilter Akne verwüsteten Gesicht und langen, affenartigen Armen. Er
war von untersetzter Statur und trug eine mit Sprayfarben verschmierte
alte Lederjacke, einen dreckigen Pullover, verschlissene Kordhosen und
Armeestiefel, wie sie bei den Skinheads vorgeschrieben waren. Abgesehen
von seinen zarten und glänzend geschrubbten Patschhändchen war er der
unappetitlichste Misthaufen, den ich seit langem gesehen hatte, bis er
seinen verschorften Mund zu einem Lächeln verzog - es war das Lächeln
eines Engels, der unter die Teufel geraten ist und das dem lieben Gott
nie verzeihen wird.
- Jörg Fauser, Das Schlangenmaul. Frankfurt am Main u. Berlin 1990
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