Elend, heulendes   Im Badezimmer lief Wasser, und er hoffte, daß Melinda nicht schlecht geworden war.

Ralph saß mit irrem Blick aufrecht, er zitterte wie im Fieber.

»Möchten Sie einen Kaffee?«

Ralph antwortete nicht. Vic legte ihm das Plaid um die Sdiultern, und Ralph lehnte sich schwach zurück und versuchte, die Beine hochzuziehen. Vic mußte ihm dabei helfen.

»Sie sind 'n guter Kerl«, murmelte Ralph.

Vic lächelte dünn und setzte sich ans andere Ende des Sofas. Melinda schien es nun doch schlecht geworden zu sein; die Geräusche aus dem Badezimmer hörten sich so an.

»Hätten mich längst rausschmeißen soll'n. Wenn einer nicht weiß, was er verträgt. . .« Ralph machte Anstalten, aufzustehen, und Vic stützte sich wie versehentlich auf die Beine des Liegenden.

»Ach, das macht doch nichts«, beruhigte ihn Vic.

»Ich müßte - am besten war ich tot.« Tränen standen in Ralphs blauen Augen und ließen sie noch glasiger aussehen. Die dünnen Augenbrauen zuckten. Er war offenbar in einer Art Trance der Selbstzerfleischung, in der er es geradezu genossen hätte, wenn ihn einer beim Kragen und Hosenboden gepackt und aus dem Hause geworfen hätte.

Vic räusperte sich und lächelte leicht.

»Ach, wissen Sie«, sagte er freundlich, »damit gebe ich mich nicht ab. Ich schmeiße keinen raus, wenn er mir nicht paßt. . .« Er rückte etwas dichter an Ralph heran, »Wenn mir einer nicht paßt - wegen Melinda zum Beispiel. ..« Er machte eine Kopfbewegung zum Badezimmer hinüber -»... dann bringe ich ihn um.«

»Recht haben Sie«, stimmte Ralph ernsthaft zu, als hätte er es verstanden. »Sollnse auch. Weil ich doch Sie und Melinda als Freunde behalten will. Alle beide. Ich mag Sie. Wirklich.«

»Ich bringe die Leute einfach um, wenn ich sie nicht mag.« Vic sprach jetzt leiser; er beugte sich lächelnd über Ralph.

Ralph lächelte zurück. Er war von seinem Charme überzeugt. - Patricia Highsmith, Tiefe Wasser. Zürich 1976 (zuerst 1957)

Elend Weinen

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VB
Jammern

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