isenbahntoilette
Tom wußte, daß die untersetzte Gestalt, die jetzt näherkam, Marcangelo
war, doch er blickte nicht von der Zeitung auf. Dicht vor ihm öffnete Marcangelo
die Tür zur Toilette, und Tom sprang vor, wie ein Mann, der zuerst hinein will,
doch im selben Moment warf er blitzartig dem Italiener die Schlinge über den
Kopf, wobei er hoffte, der Schrei werde dem anderen in der Kehle steckenbleiben,
als er ihn jetzt, mit bösartigem Ruck an der Schlinge, in den kleinen Raum hineinstieß
und die Tür schloß. Noch ein grimmiger Ruck an der Schnur - sicher hatte Marcangelo
diese Methode in seiner besten Zeit mehr als einmal angewendet - und Tom sah,
wie das Nylonseil in dem fleischigen Nacken verschwand; er hielt es hinter dem
Kopf fest und zog es durch eine weitere Drehung noch strammer. Mit der linken
Hand schob er den Hebel um, der die Tür verschloß. Marcangelos ersticktes Gurgeln
ließ nach, die Zunge kam zwischen den gräßlich nassen Lippen hervor, die Augen
schlössen sich verzagt und öffneten sich wieder, schreckerfüllt, mit dem leeren
verständnislosen Blick des Sterbenden. Die Unterkieferprothese fiel scheppernd
auf den Fliesenboden. Tom hatte das Gefühl, als seien sein Daumen und Zeigefinger
fast durchgeschnitten durch die Kraft, die er beim Halten der Schlinge aufwenden
mußte; doch der Schmerz lohnte sich. Marcangelo war auf den Boden gerutscht
und wurde durch die Schlinge in Toms Hand in halb sitzender Stellung gehalten.
Er war jetzt ohne Bewußtsein, und Tom hielt es für ausgeschlossen, daß er noch
atmete. Tom nahm das Gebiß und warf es in das Toilettebecken; mit dem Fuß erreichte
er das Pedal, das das Becken leerte. Angewidert wischte er sich die Finger an
Marcangelos gepolsterter Schufter ab. - Patricia Highsmith, Ripley's
Game. Zürich 1973
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