inschüchterung   Eine große Rolle beim demonstrativen Konsum spielt eine bestimmte Sorte beweglicher Besitztümer, die von den Archäologen als Preziosen bezeichnet werden - Goldpokale, Jadefigürchen, juwelenbesetzte Szepter, Schwerter und Kronen, Seidenroben und Gewänder, Armbänder aus Elfenbein, Halsketten aus Diamanten, Ringe mit Rubinen und Saphiren, Perlenohrringe und anderer edler Schmuck. Warum wurde diesen Dingen ein so großer Wert beigemessen? Wegen ihrer natürlichen Eigenschaften wie etwa ihrer Farbe, ihrem Härtegrad, ihrem Glanz, ihrer Haltbarkeit? Ich glaube nicht. Wie wir von den Dichtern wissen, läßt sich genausoviel Schönheit in einem Grashalm, einem Baumblatt oder einem Kiesel am Strand entdecken. Und doch hat nie jemand demonstrativen Konsum mit Blättern, Grashalmen oder Kieseln betrieben. Preziosen gewannen ihren Wert als Zeichen konzentrierten Reichtums und gesammelter Macht, als eine wirkliche materiale Verkörperung und Manifestation der Fähigkeit gottähnlicher Menschen, gottähnliche Dinge zu vollbringen. Damit etwas zur Kostbarkeit werden konnte, mußte es selten oder für normale Menschen außerordentlich schwer zu finden sein, mußte es untertage oder im Wasser verborgen liegen, nur in weit entfernten Gegenden erhältlich oder erst nach langen und gefahrvollen Reisen zu bekommen sein, oder es mußte Resultat der gesammelten Arbeit, Kunstfertigkeit und Ingeniosität großer Handwerker und Künstler sein.

Während der Shang- und der Chou-Dynastie im alten China protegierten die Kaiser zum Beispiel mit Begeisterung metallverarbeitende Handwerker, deren herausragende Leistung in der Herstellung kunstvoll gefertigter Bronzegefäße bestand. Im Jahr 552 v. Chr. schrieb der Gelehrte Tso Ch'iu-ming folgende lobenden Worte zum Sinn und Nutzen dieser bronzenen Meisterwerke: "Wenn die Starken die Schwachen unterworfen haben, verwenden sie den erbeuteten Reichtum zur Anfertigung von Ritualgefäßen und zum Guß von Inschriften, um die Tat aufzuzeichnen, den Nachkommen kundzutun, Klarheit und Tugend ins rechte Licht zu setzen und diejenigen in den Schatten zu stellen, die ohne Riten sind."

Mit dem demonstrativen Konsum erfanden die Menschen auf kulturellem Weg noch einmal die leuchtenden Federn, lauten Brüllgeräusche, wilden Tänze, gebleckten Zähne und imposanten Geweihe, mit deren Hilfe die Individuen natürlicher Arten einander einzuschüchtern pflegen. Ich habe gelesen, daß bei den Grillen die überlegenen Männchen am lautesten zirpen. Bringt man sie zum Schweigen, indem man ihre Beine mit Wachs bestreicht, paaren sie sich immer noch häufiger als ihre Rivalen, wenden aber sehr viel mehr Zeit an Paarungskämpfe. "Es lohnt sich, mit anderen Worten, die Rivalen über die eigene Stärke zu informieren, weil man sonst viel Zeit darauf verschwenden muß, sie diese Stärke spüren zu lassen", stellt Adrian Forsyth fest.  - (mensch)

Einschüchterung (2)

Einschüchterung (3)

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