ins    Die Einheit durchdringt vollständig jede Zahl; sie ist aller Zahlen gemeinschaftliches Maß, Quelle und Ursprung. Sie enthält jede Zahl in sich vereint, schließt jede Vielheit aus, ist immer dieselbe und unveränderlich; weshalb sie auch mit sich selbst multipliziert nur sich selbst zum Produkt hat; sie ist, selbst ohne alle Teile, teilbar, wird aber durch Teilung nicht in Teile zerlegt, sondern multipliziert, d.h. in Einheiten; jedoch ist keine von diesen Einheiten größer oder kleiner als die ganze Einheit und jeder kleine Teil ist die ganze Einheit. Sie wird daher nicht mit ihren Teilen, sondern mit sich selbst multipliziert. Es haben daher einige dieselbe Eintracht, andere Frömmigkeit, noch andere Freundschaft genannt, weil sie sich nicht in Teile zerlegen läßt. Ma.rtia.nus behauptet nach einem Ausspruche des Aristoteles, sie sei auch Cupido genannt worden, weil sie immer nur eins sei, immer gesucht werden wolle, und nichts außer sich habe, sondern jede Erhöhung oder Verbindung ausschließend ihre Glut auf sich selbst lenke. Die Einheit ist daher aller Dinge Anfang und Ende; sie selbst aber hat weder Anfang noch Ende, denn nichts ist vor Eins, nichts nach Eins; über Eins ist der Anfang aller Dinge und alle Dinge reichen bis zu Eins; über Eins hinaus gibt es nichts, und alles, was ist, strebt nach der Einheit, denn alles ist von der Einheit ausgegangen und muß deshalb, um zu sein, notwendig an der Einheit teilhaben, und gleichwie alle Dinge von der Einheit in die Vielheit ausgegangen sind, so müssen auch alle, welche zu der Einheit, von der sie ausgingen, zurückgehen wollen, notwendig die Vielheit ablegen. - (nett)

Eins (2)  Das Universum  ist Eins, unendlich und unbeweglich. Eins, sage ich, ist die absolute Möglichkeit [possibilità], Eins die Wirklichkeit [atto]. Eins die Form oder die Seele, Eins die Materie oder der Körper. Eins die Ur-Sache, Eins das Wesen, Eins das Größte und Beste, das - um nicht erkannt werden zu können - Unbegrenzbare und Unbeschränkbare und insofern Unbegrenzte und Unbeschränkte und folglich Unbewegliche. Dies bewegt sich nicht räumlich, weil es nichts außer sich hat, wohin es sich begeben könnte, da es ja selbst alles ist. Es entsteht nicht, weil es kein anderes Sein gibt, das es begehren oder ersehnen könnte, denn es hat schon selbst alles Sein. Es ist unvergänglich, weil es nichts anderes gibt, in das es sich verwandeln könnte, denn es ist schon selbst alles. Es kann weder zunehmen noch abnehmen, insofern es nämlich unendlich ist und ihm daher ebensowenig etwas hinzugefügt wie etwas hinweggenommen werden kann; denn das Unendliche hat keine in bestimmtem Verhältnis zueinander stehenden Teile. Es unterliegt keinem Wechsel der Beschaffenheit, denn es gibt nichts ihm Äußerliches, dessen Einwirkung es zu erleiden hätte und von dem es irgendwie affiziert werden könnte. Da es überdies alle Gegensätze in seinem Sein zu Einheit und Harmonie verbindet und keine Neigung zu einem anderen und neuen Sein fassen kann oder zu einer anderen und neuen Seinsweise, so kann es auch weder einer Veränderung hinsichtlich irgendeiner Eigenschaft unterliegen, noch Gegensätzliches oder Verschiedenes haben, von dem es verändert würde; denn in ihm befindet sich alles miteinander im Einklang. Es ist nicht Materie, da es weder gestaltet noch gestaltbar ist, weder begrenzt ist noch begrenzbar. Es ist nicht Form, da es nichts anderes formt und gestaltet; denn es ist alles, ist das Größte, das Eine, das Universum. Es ist weder meßbar noch Maß. Es umfaßt sich nicht, da es nicht größer als es selbst ist; es wird nicht von sich umfaßt, denn es ist nicht kleiner als es selbst. Es läßt sich nicht vergleichen, denn es ist nicht eins und ein anderes, sondern ein und dasselbe.

Indem es ein und dasselbe ist, hat es nicht ein Sein und noch ein Sein, und weil es nicht ein Sein und noch ein Sein hat, hat es nicht Teile und wieder Teile, und weil es nicht Teile und wieder Teile hat, ist es nicht zusammengesetzt. Es ist Grenze auf solche Weise, daß es keine Grenze ist; es ist solchermaßen Form, daß es keine Form ist; es ist dergestalt Materie, daß es keine Materie ist, es ist derart Seele, daß es keine Seele ist; denn es ist alles ohne Unterschied, und deshalb ist es Eines: das Universum ist Eines. In ihm ist fürwahr die Höhe nicht größer als die Länge und Tiefe; daher wird es einer gewissen Ähnlichkeit wegen als Kugel bezeichnet, ohne jedoch eine Kugel zu sein. -  Giordano Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine. Stuttgart 1986 (Reclam 5113, zuerst 1584)

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