Einigung   " Wenn ich auch zugebe, daß du mir hübsche Kleider und Schuhe schenkst, so weißt du doch genau, wie es mit anderen Dingen bei dir bestellt ist und wie lange du schon nicht mehr bei mir gelegen hast! Wenn du mich nur im Bette gut behandeln wolltest, so möchte ich lieber barfuß in Lumpen gehen als alle jene Dinge besitzen und dazu so behandelt werden, wie es der Fall ist! Drum höre gut zu, Pietro: Ich hin ein Weib wie alle anderen und habe dasselbe Verlangen wie alle Frauen. Wenn ich mich nun bemühe, dieses Verlangen, das du nicht stillen willst, in aller Heimlichkeit zu sät/ tigen, so kann mir niemand darum Böses nachsagen, zumal ich stets so viel Rücksicht auf dich genommen habe, daß ich mich weder mit Stallknechten noch mit Lumpen eingelassen habe." Pietro sah, daß ihr Redestrom in dieser Nacht von selber nicht mehr versiegen würde, und da er sich ihretwegen keineswegs erregte, sagte er: „Höre auf, Weib! Ich werde diese Sache schon zu deiner Zufriedenheit regeln. Nun sorge dafür, daß wir etwas zu essen bekommen, denn mir scheint, dieser Bursche hier hat ebenso' wenig wie ich zu Abend gespeist." - „Daß er noch nichts gegessen hat, stimmt freilich", erwiderte die Frau, „denn wir wollten uns gerade zu Tisch setzen, als du zu so un/ gelegener Stunde heimkamst." - „So beeile dich", rief Pietro, „und bringe ein Abendessen auf den Tisch! Nachher werde ich schon alles so einzurichten wissen, daß du keinen Grund zur Klage haben sollst." Da ihr Mann sich so friedlich gesonnen zeigte, stand die Frau auf, ließ den Tisch neu decken und das Mahl auftragen, das sie vorbereitet hatte, und speiste dann in fröhlicher Laune mit ihrem lasterhaften Mann und ihrem Liebhaber zu Abend.

Wie Pietro es nach dem Essen zuwege brachte, daß alle drei zufriedengestellt wurden, ist mir leider entfallen. Doch erinnere ich mich, daß der Jüngling, als er endlich gegen Morgen wieder auf dem Marktplatz stand, nicht mit Sicherheit sagen konnte, wer in dieser Nacht mehr Vergnügen an seiner Gesellschaft gehabt hatte, die Frau oder ihr Ehemann.  - Das Dekameron des Giovanni Boccaccio, Berlin und Weimar 1975 (zuerst um 1350)

Streit

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