inbrüstigkeit
Im Lande Darien, an der Küste von Tolu, erzählten die Indianer,
daß sie von einem Manne namens Mechion und einer Frau namens Maneca abstammten.
Die Frau hatte nur eine Brust, in der sich aber so viel Milch sammelte wie in
zweien; die Milch entströmte daher auch mit viel größerem Ungestüm und in größerer
Menge, wenn sie sie ihren Söhnen reichte; das erklärt zur Genüge, weshalb diese
so stark wurden. Denn die Indianer berichten weiter nach ihrer Überlieferung
oder weil sie es sonstwie erfahren oder über alle Maßen große Knochen gefunden
haben, daß es einst Riesen in der ganzen Provinz gegeben habe, Menschen, die
die dreifache Körpergröße gewöhnlicher Menschen besaßen. Von demselben Übermaß
waren auch ihre Körperkräfte und die Nahrungj die sie brauchten, und auch ihre
verderbten Sitten. Denn sie ergaben sich dem verruchten Laster der Sodomiterei
untereinander mit solcher tierischen Gier, daß sie die Frauen bis auf den Tod
verabscheuten und sich lediglich mit ihnen verbanden, um Nachkommenschaft zu
haben; wenn Mädchen geboren wurden, so erdrosselten sie sie noch in den Armen
der Hebamme. Aber diese Schändlichkeiten blieben nicht ohne Strafe, denn der
Himmel wurde ihr Richter, indem er sie mit seinen Blitzen traf und bis auf den
letzten vernichtete.
- (
azt
)
Einbrüstigkeit (2) Sie gingen zielstrebig und ließen die Wohnblocks hinter sich. Der Weg schien lang zu werden. Plötzlich bogen sie in eine kurze, baumbestandene Straße ein. Er folgte den beiden. Sie traten vor das Schaufenster eines Sexklubs. Hinter den Scheiben war die weibliche Ware ausgestellt. Fünf oder sechs Mädchen exotischer Herkunft - von Frankreich bis Kaschmir - zeigten den Passanten ihre Brüste. In einer Ecke des Schaufensters zeigte ein Mädchen nur eine einzige Brust, und ihr Künstlername war Finita del Oro.
»Sie ist eine von uns!« erklärte der Mann aus Leon mit vor Erregung erstickter Stimme.
»Aus León?«
»Nein, aus Spanien.«
»Sie ist die Schönste von allen«, verkündete der Galicier. Die beiden Männer
schauten einander an, warfen einen letzten Blick auf ihren halbnackten Star
und machten sich auf den Rückweg. Sie waren durch die halbe Stadt marschiert,
nur um den halben Oberkörper einer Frau aus der Heimat zu sehen. - Manuel Vázquez Montalbán, Carvalho
und die tätowierte Leiche. Berlin 2014 (zuerst 1976)
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