ierschälen  Inspektor Arapèdes  wichtigste Übung war die Geduld. Dazu hatte er schon vor langer Zeit das ideale Training gefunden, das hierfür notwendig war und das er regelmäßig betrieb: er war Eierschäler geworden. Damit der Leser das Wesen und die besondere Schwierigkeit dieses Trainings ermessen kann, möchten wir darauf hinweisen, daß es sich um das Schälen roher Eier handelte. Er widmete sich diesem Training jeden Morgen eine Stunde auf einem kleinen, eigens und ausschließlich diesem Zweck vorbehaltenen Tisch. Er stellte das Ei in einer Kokosnußschale, die so gesägt war, daß sie das Einundneunzigstel der Eierschale frei ließ und es am Boden festhielt, vor sich auf den Tisch. Er schlug nun kurz auf den oberen Teil, was ihm ermöglichte, das erste Stück der Schale abzuheben, ohne die Haut des Eies zu zerstören, dann machte er langsam und mit äußerster Vorsicht weiter, bis das Ei nackt war, und dann, aber erst dann, warf er es geschwind in die Pfanne auf dem kleinen Ofen, in der seine Mutter es mit Bacon briet. Die Operation nahm ungefähr eine Woche in Anspruch. Sie war ihm nie mißlungen. An manchen Sonntagen, wenn er an einer besonders schwierigen Ermittlung arbeitete, hatte er ein Ei in einer einzigen, fast zehn Stunden dauernden Sitzung geschält. Von jedem dieser so geschälten Eier machte er eine Farbaufnahme, die er in Dreiundzwanzigerreihen in seinem Zimmer an die Wand hängte. Er hatte schon sechsundzwanzig komplette Reihen und war im Begriff, eine neue anzufangen.   - Jacques Roubaud, Die schöne Hortense. München 1992 (dtv 11602, zuerst 1985)
 
 

Ei

 

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