Die mondmoralische Künstlerknochenehrung |
- Friedrich Schröder-Sonnenstern, nach: Wieland Schmied, Zweihundert Jahre
phantastische Malerei. München 1980
Ehrung (2) Es ist ein
Brauch in diesem Land, daß, wenn jemandem der Vater
stirbt und wenn der Sohn ihm große Ehre erweisen will,
dann schickt er nach seinen Verwandten und nach den Priestern, die da sind.
Und sie nehmen den Leichnam und tragen ihn mit viel Gesang auf einen hohen Berg.
Und wenn sie auf dem Berg angekommen sind, dann ist da der oberste Priester.
Der schlägt dem Toten den Kopf ab und legt ihn in eine goldene oder silberne
Schüssel und gibt ihn dem Sohn. Daraufhin nehmen der Sohn und seine Verwandten
ihn und sprechen ihr Gebet. Da sind dann die anderen Priester da und hacken
den Leichnam in kleine Stücke und werfen ein Stück hierhin, das andere dorthin.
Da sind dann die Vögel da und tragen das Fleisch weg. Da sind nämlich immer
viele Vögel, denn sie sind daran gewöhnt. Und danach
sagen sie mit lauter Stimme: Seht, wie dieser heilige Mann von den Engeln
in das Paradies geführt wird! So glaubt dann der
Sohn, dem Vater geschehe eine große Ehre; und je mehr Vögel dahin kommen, die
den Vater auffressen, desto größere Ehre hat er. Und danach führt der Sohn seine
Verwandten nach Hause und nimmt den Kopf seines Vaters und gibt jedem seiner
Verwandten ein wenig Fleisch davon; das nehmen sie mit großer Ehrfurcht. Dann
nimmt der Sohn die Hirnschale des Vaters und gibt allen seinen Verwandten daraus
zu trinken zum Gedenken an seinen heiligen Vater,
den die Engel in das Paradies getragen haben. Und der Sohn behält danach die
Hirnschale seines lieben Vaters und trinkt stets daraus zum Gedenken an seinen
Vater. - Das Reisebuch des Ritters John Mandeville. Frankfurt am Main 1989 (zuerst
ca. 1360)
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