hrlichkeit  Absolute Ehrlichkeit und Geradlinigkeit wären eine weitere Möglichkeit, sich aus dem Spiel herauszuhalten, denn zu den Grundtechniken der Machthungrigen gehören Täuschung und Heimlichkeit.

Doch mit absoluter Ehrlichkeit verletzen und beleidigen Sie unweigerlich sehr viele Menschen, von denen einige sich zur Rache entschließen werden. Niemand wird eine ehrliche Feststellung als völlig objektiv und frei von persönlichen Motiven betrachten. Und das ist richtig: In Wahrheit ist Ehrlichkeit eine Machtstrategie, die dazu dient, andere Menschen vom eigenen noblen, gutherzigen, selbstlosen Charakter zu überzeugen. Es ist eine Überzeugungstaktik, ja, eine subtile Form von Gewalt. - (macht)

Ehrlichkeit (2)  Jemand hatte die üble Angewohnheit, sich über die Motive, aus denen er handelte und die so gut und so schlecht waren wie die Motive aller Menschen, gelegentlich ganz ehrlich auszusprechen. Er erregte erst Anstoß, dann Verdacht, wurde allmählich geradezu verfemt und in die Acht der Gesellschaft erklärt, bis endlich die Justiz sich eines so verworfenen Wesens erinnerte, bei Gelegenheiten, wo sie sonst kein Auge hatte, oder dasselbe zudrückte. Der Mangel an Schweigsamkeit über das allgemeine Geheimnis und der unverantwortliche Hang zu sehen, was keiner sehen will — sich selber —, brachten ihn zu Gefängnis und frühzeitigem Tod.   -  Friedrich Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Stuttgart 1964 (zuerst 1878)

Ehrlichkeit (3)

Wenn wir ehrlich sind
ist das Theater an sich eine Absurdität
aber wenn wir ehrlich sind
können wir kein Theater machen
weder können wir wenn wir ehrlich sind
ein Theaterstück schreiben
noch ein Theaterstück spielen
wenn wir ehrlich sind
können wir überhaupt nichts mehr tun
außer uns umbringen
da wir uns aber nicht umbringen
weil wir uns nicht umbringen wollen
wenigstens bis heute und bis jetzt nicht
da wir uns also bis heute und bis jetzt nicht umgebracht haben
versuchen wir es immer wieder mit dem Theater
wir schreiben für das Theater
und wir spielen Theater
und ist das alles auch das Absurdeste
und Verlogenste.

- Thomas Bernhard, Der Theatermacher, nach (enc)

Ehrlichkeit (4)   Im alten Hawaii war das Stehlen eine ehrliche Sache. Man pflegte es, doch mußte man auch gewisse natürliche Anlagen dafür mitbringen. Aus den Tagen von Kapitän Cook und der Entdeckung ist solch ein Häuptling bezeugt, der ausgezeichnet stehlen konnte. Als Cook die Insel Kauai auffand, kam als erster ein Häuptling namens Kapu puu (der heilige Berg) zu den Schiffen heraus. »Da gibt es viel Eisen (hao)«, sagte er. »Ich will ›hao‹ (stehlen) das hao, denn ›hao‹ ist mein Lebenselement.« Der Häuptling wurde jedoch dabei gefaßt; man schoß auf ihn, und er wurde getötet. Die Eingeborenen machten Kapitän Cook seinen Tod niemals zum Vorwurf; der Dieb hatte sich eben ungeschickt benommen, denn das Stehlen galt erst als Verbrechen, wenn man sich dabei fassen ließ.   - (sued)

Ehrlichkeit (5)

Täuschung Macht Wahrhaftigkeit Charakter
Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe
Verwandte Begriffe
LügeNaivitätRisikoBequemlichkeitFaulheit
Synonyme