Ehemann, philosophischer    »Das Mädel muß selbst entscheiden«, sagte William Zoyland gerade, in seinem Korbsessel zurückgelehnt, die Beine mit den Ledergamaschen von sich gestreckt, eine Hand tief in die Tasche seiner Kordhose vergraben, während die andere den gewaltigen strohgelben Bart zwirbelte, und ließ dabei seine blauen Augen vorn gebeugten Gesicht Sams zum abgewandten Gesicht von dessen Vater schweifen. »Ich bin Philosoph, Mr. Dekker. Ich lasse mich genausowenig wie das Mädel grundlos leiden. Aber es geht zu weit, wenn sie erwartet, daß ich weiter mit ihr zusammen lebe, wir aber in getrennten Betten schlafen. Ich weigere mich schlicht-weg! Ich bin Philosoph, das sag ich Ihnen; und als solcher weiß ich, daß der ganze konventionelle Idealismus ein aufgeblasener Schwachsinn ist. Jedes Mädchen kann zwei Männer lieben, wenn ihr danach ist, genauso wie wir zwei Frauen Heben können. Ich zweifle nicht, daß ein Mann wie Sie selbst, Mr. Dekker, oft zwei Frauen zugleich geliebt hat. Das ist normal bei uns. Nell und dieser alberne Knabe hier denken, sie sind verliebt. Sie haben sich bis heute eingebildet, oder wenigstens Sam hat sich bis heute eingebildet, ich wäre sowas wie ein geborener Hahnrei, der sich bis zum Jüngsten Tag für dumm verkaufen läßt. Nun! Der bin ich nicht. Hörst du Sam, meen Jung? Ich bin's nicht. Ich lebe mein eigenes Leben auf meine eigene Art, schon immer. Ich könnte hier ausgezeichnet ohne Nell leben, obwohl sie das nicht glaubt. Sie denkt, ich könnte leben, ohne mit ihr zu schlafen; aber sie glaubt nicht, ich könnte mir selbst mein Essen machen oder zurechtkommen, ohne mit ihr zu sprechen. Da sind Frauen so dumm. Sie denken, sie seien notwendig, wo sie nicht notwendig sind; dabei wissen sie nicht, wie notwendig sie auf anderem Gebiet sind! Doch ich bin Philosoph, wie gesagt, mein lieber Mr. Dekker, und weiß sehr gut, daß meine kleine Nell ihren alten Will immer noch ziemlich genauso liebt (obwohl sie's selbst nicht weiß!) wie diesen schmollenden jungen Herrn hier. Jetzt, was ich ihr sage, Sir, und dir, mein romantischer junger Freund, ist ganz einfach folgendes: Wenn Nell mit dieser Dummheit aufhört, auf dem Wohnzimrnersofa zu schlafen, und tatsächlich mit dieser Dummheit aufhört, sauer auf mich zu sein und mir die kalte Schulter zu zeigen, werde ich bereit sein - hörst du, mccn Jung? - werde ich bereit sein, sie mit dir zu teilen. Solange du mit ihr nicht >in melm eignen Bett<, wie's hier heißt, turtelst, kannste das Mädel im Wald und auf der Heide haben - ich halt den Mund. Ich bin stumm. Stumm wie ein Fisch. Um die Wahrheit zu sagen, Mr. Dekker, hab ich doch tatsächlich diesen großen, ungeschlachten Sohn von Ihnen lächerlicherwcise lieb gewonnen. Ich schätze den Jungen. Ich red gern mit dem Jungen. Wir haben schon eine schöne Zeit miteinander gehabt, nicht wahr, Sam? Nein, nein. Ich stimme dem alten Schlitzohr Voltaire zu. Ich könnte mich durchaus damit zufrieden geben, >à trois< zu leben, wie der Gauner sagt. Aber ich bin nicht so einer, der Seite an Seite mit einem Mädel wie Nell leben kann, wenn sie eisig, sauer und unausstehlich ist wie im vergangenen Monat. Zum Kuckuck mit ihrer Kocherei! Ich kann genauso gut kochen wie sie, sogar noch besser. Sam hätte es gern, wenn sie meine Magd bleibt und sein Flittchen wird. Nell will mit Sam auf und davon und alles zurücklassen. Bloß wenn ich ihr sage, sie sojl aufhören, darüber zu reden, und es doch machen, sagt sie, Sam hat nicht den Mumm, seinen Papa zu verlassen. Und wenn ich sie dann auslache und ihr sage, sie soll's doch ausprobieren, dann heult sie in einem fort, weil sie dran denken muß, wie ihr armer alter Will ganz allein zurechtkommen soll, ohne jemand, der für sein Essen sorgt.«    - (cowp)
 

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