Daher kommt es, daß bei den Zeremonien der Götter und der Religion diese Zahl von der größten Bedeutung ist, wie denn auch ihres Einflusses wegen Gebete und Libationen (Trankopfer) dreimal wiederholt werden.
Virgil singt deshalb:
-- Ungerades erfreuet die
Gottheit.
Die Pythagoräer richteten sich nach dieser Zahl bei
ihren Heiligungen und Reinigungen, daher Virgil sagt:
-- Dreimal die Genossen umwandelnd
Sprengt er mit stäubendem
Naß und dem Zweig des beglückenden Ölbaums.
Auch für Bannungen ist sie vorzugsweise
geeignet. Hierüber heißt es ebenfalls bei Virgil:
Drei der Geflechte von Band von drei abstechenden Farben
Wind' ich zuerst um dich: und dreimal um den Altar hier
Führ' ich im Kreise dein Bild --
Und kurz nachher:
Dreimal schling', Amaryllis, anietzt
dreifarbige Knoten:
Schling' Amaryllis, und sprich: ich
schlinge die Bande der Venus.
Von der Medea lesen wir:
Worte gesprochen auch drei, die ruhigen
Schlummer bereiten,
Die das erschütterte Meer, die reißenden
Strömungen hemmen.
Nach Plinius was es Sitte, bei jeder Arznei dreimal unter Aussprechung eines Wunsches auszuspucken, um dadurch die Wirkung des Heilmittels zu kräftigen. Die Dreiheit ist durch die dreifache Zunahme, in die Länge, Breite und Tiefe, über welche hinaus es keine weitere Ausdehnung mehr gibt, vollkommen, weshalb sie auch die erste Kubikzahl heißt. Zu einem Kubikkörper und einer Kubikzahl kann nichts hinzugefügt werden. Aristoteles nennt deshalb zu Anfang seiner Schrift über den Himmel die Dreiheit das Gesetz, nach welchem alles geordnet ist. In der Dreiheit ist alles Körperliche und Geistige enthalten, nämlich nach Anfang, Mitte und Ende. Durch die Zahl Drei besteht die Welt, wie Trismegistus sagt, durch das Schicksal (Heimarmene), die Notwendigkeit und die Ordnung, d.h. durch die Verkettung der Ursachen, welche die meisten Schicksal nennen, durch die Gelangung zur Geburt und durch die gehörige Verteilung des Geborenen.
Jedes Zeitmaß wird durch die Dreiheit begrenzt, nämlich durch die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft; ebenso jede Größe, durch Linie, Fläche und Körper. Drei Dimensionen hat jeder Körper, Länge, Breite und Dicke. Drei Akkorde enthält die Harmonie, die Oktave, Quinte und Terz. Dreierlei Seelen gibt es, vegetierende fühlende und vernünftige. Schon von Gott ist dem Propheten zufolge die Welt nach der Dreiheit geordnet, nämlich nach Zahl, Maß und Gewicht, und es ist solche den Urformen zu Grunde gelegt, wie die Zahl Zwei der Materie und die Einheit Gott, dem Schöpfer, angehört.
Auf gleiche Weise stellen die Magier drei Fürsten der Welt auf, den Oromasis, Meiris und Araminis, d.h. Gott, die Vernunft und den Geist. Nach der kubischen Dreiheit werden die drei Enneaden (Neunheiten) der erschaffenen Dinge eingeteilt, nämlich die der überhimmlische in neun Ordnungen der Intelligenzen, die der himmlischen in neun Kreise, die der irdischen in neun Gattungen des Erzeugbaren ren und Verweslichen.
In der kubischen Dreiheit, nämlich in sieben und zwanzig, sind ferner, wie Plato und Proklus dies ausführlich erörtern, alle musikalischen Verhältnisse enthaltener der Dreizahl selbst entspricht in der Harmonie die Quinte. In der geistigen Welt gibt es drei Rangordnungen der Engel. Dreifach sind die Geisteskräfte vernünftiger Wesen: Gedächtnis Verstand und Wille. Drei sind der Grade der Seligen: Märtyrer Bekenner und Unschuldige.
Drei sind der Quaternionen der Himmelszeichen: fixe, bewegliche
und gemeinschaftlich ebenso ihrer Häuser, nämlich die der Himmelsecken,
des Ausgangs und des Untergangs.
Auch hat jedes Himmelszeichen drei Gesichter, drei Dekane und
drei Herren über jede Triplizität. Drei von den Planeten sind
glückliche; drei Grazien gibt unter den Göttinnen; drei Parzen,
drei Richter, drei Furien und einen
dreiköpfigen Hund in der Unterwelt.
So lesen wir auch von einer dreifachen Hekate, von drei Gesichtern
der jungfräulichen Diana. Drei Personen
sind in der Gottheit; drei Zeiten gibt es, die der Natur, des
Gesetzes und der Gnade; ebenso drei theologische Tugenden, Glaube,
Liebe und Hoffnung.
Drei Tage war Jonas im Bauch des Fisches, drei Tage Christus
im Grabe. - (
nett
)
Drei (zwei) Wolfgang
Philipp, für den alles Sein aus tripolarer Ergriffenheit
besteht und sich in Welle, Strahlung und
Verdichtung manifestiert, meint: »Weil wir seinsmäßig tripolar
gebaut sind, darum sind wir in korrespondierenden Dreiheiten
existentiell »zu Hause«; darum sind Dreiheiten »gute Dinge«,
und wir selbst sind guter Dinge, wenn wir in ihnen unser Gesetz
aktivisch-medial-passivisch vollzogen und besiegelt finden.«
- (zahl)
Drei (drei)
- (
cel
)
Drei (vier) Wir können einen Anfang annehmen, der
jedoch nicht dergestalt Einer ist, wie das bestimmte Etwas, sondern vielmehr
Einer als Begriff. Ihm gegenüber steht die Verneinung. In welchem Sinne nun
dieß zwei, und in welchem es mehre sind, ist oben gesagt worden. Zuerst wurde
ausgesprochen, daß die Anfänge nur die Gegensätze sind. Hierauf, daß noch ein
anderes ihnen zum Grunde liegen muß, und ihrer drei sind. Aus dem jetzt Gesagten
aber ist ersichtlich, worin der Unterschied der Gegensätze besteht, und wie
sich die Anfänge zu einander verhalten, und was das zum Grunde liegende ist.
Ob aber Wesen die Formbestimmung oder die Grundlage sei, ist noch nicht klar.
Aber daß die Anfänge drei, und wie sie drei sind, und welche ihre Weise ist,
ist klar.- Aristoteles, Physik
Drei (fünf) »Dreiheit«
ist die abstrakte Eigenschaft von Ansammlungen oder Mengen, die
drei Gegenstände enthalten. "Dreiheit" könnte zum Beispiel
dazu dienen, um die Menge der blinden Mäuse in einem beliebten
Kinderlied zu charakterisieren, und genausogut auch die Menge
der Seiten eines Dreiecks. Frege stellte fest, daß es
zahlreiche Mengen mit der Eigenschaft der »Dreiheit« gibt und
definierte schließlich die »3« anhand des Mengenbegriffs. Er
bestimmte eine neue Menge, die alle Mengen enthält, die »Dreiheit«
aufweisen, und nannte diese neue Menge von Mengen »3«. So hat
eine Menge also drei Elemente, dann und nur dann, wenn sie selbst
Element der Menge »3« ist. - (ferm)
Drei (sechs) In einem
reichhaltigen Aufsatz hat Raimund Müller versucht, die
Wichtigkeit der Drei in Sage, Dichtung und Kunst zu erklären,
und hat darauf hingewiesen, daß sich aus der Naturbetrachtung
mühelos die Dreiheit erfahren läßt: der Mensch sah Wasser, Luft
und Erde, welche Erfahrung sich dann zu der Vorstellung dreier
Welten erhob (so im Germanischen Midgard, Asgard und Niflheim);
er sah drei Aggregatzustände (fest, flüssig, gasförmig), fand
drei Gruppen geschaffener Dinge (Mineralien, Pflanzen und Tiere),
und entdeckte an den Pflanzen Wurzeln,
Schaft und Blüte, wie an der Frucht Schale, Fleisch und Kern;
die Sonne erschien ihm in ihrer Morgen-,
Mittags- und Abendgestalt. Ja, alles Erfahren spielte sich innerhalb
der Raumkoordinaten lang, hoch und breit ab: die Welt unserer
Wahrnehmung ist dreidimensional. Das gesamte Leben erscheint
unter dem dreifachen Aspekt von Anfang,
Mitte und Ende, der sich als Werden, Sein
und Vergehen abstrahieren läßt, und eir vollkommenes Ganzes formt
sich aus Thesis, Antithesis und Synthesis. Man darf auch an die
drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau denken, aus denen sich die
ganze Farbvielfalt mischen läßt. - (zahl)
Drei (sieben) Drei Dinge gibt es, die Welle, die Wolke und die Flamme, die Schlüssel zu allen Formen sind. Daher hat es auch immer liebenswerte Kabbalisten gegeben, die gern auf jede Gesellschaft verzichteten, wenn sie nur in guter Ruhe in das Wasser, in die Luft oder in ein tüchtiges Kaminfeuer starren konnten.
Drei Zustände gibt es, die Schlüssel zu allen Erlebnissen sind: den Rausch, den Schlaf und den Tod. Daher hat es auch nie an wilden Zechern des Lebens gefehlt, nie an den heiteren und düsteren Aristokraten des Traumes, nie an Kriegern, Landsknechten und Abenteurern, kurz nie an solchen, denen die ganze Welt der Arbeitgeber und -nehmer, der Krämer und des Geldes höchst gleichgültig ist.
Möchten sie sich nie irre machen, nie über ihren Rang
hinwegtäuschen lassen, denn sie sind es, aus deren Träumen jede
Ordnung sich bildet und denen jede
Ordnung wieder zum Opfer fällt. Die Ordnung selbst wird unnütz,
sobald sich in ihr der Traum nicht mehr verwirklichen läßt. -
(ej)
Drei
(acht)
Der Mensch lebt auf der Erde
nicht einmal, sondern dreimal. Seine erste Lebensstufe ist ein
steter Schlaf, die zweite eine Abwechslung
zwischen Schlaf und Wachen, die dritte ein ewiges Wachen.
Auf der ersten Stufe lebt der Mensch einsam im Dunkel; auf der zweiten lebt er gesellig aber gesondert neben und zwischen andern in einem Licht, das ihm die Oberfläche abspiegelt, auf der dritten verflicht sich sein Leben mit dem von andern Geistern zu einem höhern Leben in dem höchsten Geiste, und schaut er in das Wesen der endlichen Dinge.
Auf der ersten Stufe entwickelt sich der Körper aus dem Keime und erschafft sich seine Werkzeuge für die zweite; auf der zweiten entwickelt sich der Geist aus dem Keime und erschafft sich seine Werkzeuge für die dritte; auf der dritten entwickelt sich der göttliche Keim, der in jedes Menschen Geiste liegt, und schon hier in ein für uns dunkles, für den Geist der dritten Stufe tageshelles, Jenseits durch Ahnung, Glaube, Gefühl und Instinkt des Genius über den Menschen hinausweist.
Der Übergang von der ersten zur zweiten Lebensstufe heißt Geburt; der Übergang von der zweiten zur dritten heißt Tod.
Der Weg, auf dem wir von der zweiten zur dritten Stufe übergehen, ist nicht finsterer als der, auf dem wir von der ersten zur zweiten gelangen. Der eine führt zum äußeren, der andere zum inneren Schauen der Welt.
Wie aber das Kind auf der ersten
Stufe noch blind und taub ist für allen Glanz und alle Musik
des Lebens auf der zweiten, und seine Geburt aus dem warmen Mutterleib
ihm hart ankommt und es schmerzt, und wie es einen Augenblick
in der Geburt gibt, wo es die Zerstörung seines früheren Daseins
als Tod fühlt, bevor noch das Erwachen zum äußern neuen Sein
stattfindet, so wir in unserm jetzigen Dasein, wo unser ganzes
Bewußtsein noch im engen Körper gebunden liegt, noch nichts vom
Glanz und der Musik und der Herrlichkeit und Freiheit des Lebens
auf der dritten Stufe, und halten leicht den engen dunklen Gang,
der uns dahin führt, für einen blinden Sack, aus dem kein Ausgang
sei. Aber der Tod ist nur eine zweite Geburt
zu einem freieren Sein, wobei der Geist seine enge Hülle sprengt
und liegen und verfaulen läßt, wie das Kind die seine bei der
ersten Geburt. - Gustav Theodor Fechner, Das Büchlein vom
Leben nach dem Tode (1836)
Drei
(neun)
Die
Verhaltensforscherin Margret Schleidt hat Kulturvergleiche
in dem kleinen bayerischen Ort Andechs angestellt. Anders als
ihre amerikanischen Kollegen stieß sie dabei allerdings eher
auf Gemeinsamkeiten denn auf Gegensätze. Schleidt sichtete
das Filmarchiv des Max-Planck-Instituts für Humanethologie und
registrierte bereits nach kurzer Zeit einen sich wiederholenden,
immergleichen Rhythmus. Kurze Bewegungen wie etwa ein Winken
oder Streicheln, das zornige Aufstampfen mit dem Fuß oder ein
freundliches Händeschütteln dauerten immer etwa drei Sekunden,
bevor die Bewegungsabfolge leicht variiert wurde. Das Erstaunliche
daran: Das Leben im Dreisekundentakt scheint universell verbreitet
zu sein, bei den Yanomami-Jndianern am Orinoko oder dem San-Volk
in der Kalahariwüste, bei den Trobriandern auf den melanesischen
Inseln ebenso wie im bayerischen Bierzelt.
«Inseln der Gegenwart» nennt Ernst
Pöppel, Direktor am Forschungszentrum Jülich, dieses Taktphänomen.
Wann er dem Dreisekundentakt erstmals auf die Spur kam, weiß
der Hirnforscher heute nicht mehr so genau.
Um so genauer aber kann er das Phänomen beschreiben. «Wenn man
eine Zeitlang dem Schlagen eines Metronoms zuhört, ordnen sich
die gleichmäßigen Schläge im Kopf fast
automatisch zu Gruppen. Beim Versuch, die Gruppen immer länger
werden zu lassen, beginnt dieser Takt irgendwann zu verschwimmen,
etwa dann, wenn zwischen den Schlägen mehr als drei Sekunden
verstreichen.» - (
zeit
)
Drei
(10)
§
28. Über dreimal aber soll keiner torquiert, sondern derselbe,
der die Pein dreimal aussteht und entweder gar nichts eingestanden
oder das Eingestandene hernach allemal widerrufen hat, insgemein
los und ledig gesprochen werden, weil er sich von den vorigen
Inzichten durch die ausgestandene Tortur genugsam gereinigt hat.
Doch kann der Gepeinigte nicht sagen, dass ihm Unrecht geschehen
sei, weil der Richter die Anzeichen für sich hat, und derentwegen
muss der Gepeinigte jenen Falls, wo er zu den wider ihn entstandenen
Inzichten durch seine Schuld Anlass und Ursache gegeben hat,
auch die Atzung und Gerichtsunkosten, wenn er vermag, bezahlen;
und kann überhaupt nicht so leicht geschehen, dass jemand widerrechtlich
gepeinigt werde, immassen nach Unserem gegenwärtigen Recht die
auf Tortur ausfallende Urteile als ein ausgenommener Fall zur
obergerichtlichen höheren Erkenntnis abzugeben sind. Aus:
Constitutio Criminalis Theresiana (Österreich 1769), nach (
hel
)
Drei
(elf)
Von
den Sophisten nichts zu halten, hat Plato
die Nachwelt gelehrt, und den ehemaligen — und niemals ganz davon
ablassenden — Sokrates
alle Künste aufbieten lassen, ihnen jedes Recht auf Achtung zu
verweigern.
Vom bedeutendsten der Sophisten, dem Gorgias aus Leontinoi auf Sizilien, der sich in Athen mit einem Werk »Über das Nichtseiende« Aufsehen zu verschaffen suchte, wie es ›praktizierende Philosophen‹ wohl tun müssen, wissen wir daher fast nichts. Dennoch ist er berüchtigt durch drei Sätze, die der Skeptiker Sextus Empiricus überliefert hat. Sie lauten, lakonisch genug:
— Es gibt nichts.
— Gäbe
es etwas, wüßten wir davon nichts.
— Wüßten
wir etwas davon, könnten wir es nicht sagen.
Plato hat, wohl mit Recht, gezeigt, daß die ›Philosophie‹ der Sophisten auf die Schule der Eleaten zurückgeht und ihre ›Rechte‹ aus den Paradoxien ableitet, mit denen schon Zenon von Elea bewies, daß die Welt nicht so sein könne, wie sie uns erscheint. Man könnte sagen, Platos Polemik gegen die Sophistik sei eine Parodie auf die drei Sätze des Gorgias, obwohl er sie nicht gekannt zu haben scheint. Diese den Sophisten zur Rechtfertigung der Rhetorik und ihrer Wahrheit untergeschobenen Sätze ließen sich so fassen:
— Es gibt nichts.
— Also
ist auch das Nichts.
— Also
ist wahr, was man auch darüber sagt.
Die Neigung zum Ternar, zum ›Dreisatz‹, ist der Philosophie geblieben, nicht nur bis in Kants Kategorientafel. Es ist kein Zufall, wie ich meine, und Gorgias hat gerade das demonstriert. Vielleicht läßt sich jeder Philosophenstreit auf drei ›elementare‹ Sätze reduzieren? Etwa der Streit darüber, ob es ›elementare‹ Sätze gibt. Die Bestreitung sähe dann so aus:
— Es gibt keine Elementarsätze.
—
Gäbe es Elementarsätze, könnten
wir sie nicht feststellen.
— Könnten
wir sie feststellen, wüßten wir nichts damit anzufangen.
- (
blum
)
Drei
(12)
Sie
hatte von drei Dingen zu erzählen:
von einem Vogel, der auf einer Blume saß; einem Auto, in welchem
alle Insassen einen Kropf hatten; und von einer Fleischersfrau,
die zu ihrem Mann sagte: »Liebes, reich mir die Wurst!« -
(
bleist
)
Drei
(13)
Im
Jahre 1689 treffen auf einem türkisch-serbischen Kriegsschauplatz
an der Donau drei Männer aufeinander: Avram Brankovic, der adlige
Kriegsherr und Sammler alter Schriften,
der türkische Lautenspieler Jusuf Masudi
und der Jude Samuel Koën. Sie haben sich gegenseitig geträumt,
lange nacheinander gesucht, und im Augenblick der Begegnung kommen
sie gleichzeitig ums Leben. Dreihundert Jahre später, im Jahre
1982, treffen sich in Istanbul drei Wissenschaftler: ein Ägypter,
ein Jugoslawe und eine polnische Jüdin. Gemeinsam ist ihnen,
wie schon ihren Vorläufern im 17. Jahrhundert, daß sie sich alle
mit den Chasaren beschäftigen ind Bruchstücke eines chasarischen
Wörterbuchs zusammengetragen haben.
In dem Moment, als eine entscheidende Aufklärung zu erwarten
ist, kommen zwei von ihnen zu Tode. -
(
pav
)
Drei
(14)
Graf
Ludwig von Gleichen zog im Jahr 1227 mit gegen die Ungläubigen,
wurde aber gefangen und in die Knechtschaft geführt. Da er seinen
Stand verbarg, mußte er gleich den übrigen Sklaven die schwersten
Arbeiten tun, bis er endlich der schönen Tochter des Sultans
in die Augen fiel wegen seiner besondern Geschicklichkeit und
Anmut zu allen Dingen, so daß ihr Herz von Liebe entzündet wurde.
Durch seinen mitgefangenen Diener erfuhr sie seinen Stand, und
nachdem sie mehrere Jahre vertraulich mit ihm gelebt, verhieß
sie, ihn frei zu machen und mit großen Schätzen zu begaben, wenn
er sie zur Ehe nehmen wolle. Graf Ludwig hatte eine Gemahlin
mit zwei Kindern zu Haus gelassen; doch siegte die Liebe zur
Freiheit, und er sagte ihr alles zu, indem er des Papstes und
seiner ersten Gemahlin Einwilligung zu erwirken hoffte. Glücklich
entflohen sie darauf, langten in der Christenheit an, und der
Papst, indem sich die schöne Heidin taufen ließ, willfahrte der
gewünschten Vermählung. Beide reisten nach Thüringen, wo sie
im Jahre 1249 ankamen. Der Ort bei Gleichen, wo die beiden Gemahlinnen
zuerst zusammentrafen, wurde das Freudental benannt, und noch
steht dabei ein Haus dieses Namens. Man zeigt noch das dreischläfrige
Bett mit rundgewölbtem Himmel, grün angestrichen; auch zu Tonna
den türkischen Bund und das goldne Kreuz der Sarazenin. Der Weg,
den sie zu der Burg pflastern ließ, heißt bis auf den heutigen
Tag der Türkenweg. Die Burggrafen von Kirchberg besitzen auf
Farrenrode, ihrer Burg bei Eisenach, alte Tapeten, worauf die
Geschichte eingewirkt ist. Auf dem Petersberge zu Erfurt liegen
die drei Gemahel begraben, und ihre Bilder sind auf dem Grabsteine
ausgehauen - (
sag
)
Drei
(15)
Nehmen
Sie zum Beispiel die acht, eine Zahl, die mir sehr wenig liegt. Im Wörterbuch
steht, daß sie eine Kardinalzahl ist und außerdem eine sieben
und eins. Sehr schön. Den Arbeiterbewegungen zu Beginn
des Jahrhunderts diente sie dazu, etwas so Komplexes wie die Forderungen der
Arbeiterschaft zusammenzufassen. Mit einer meisterhaften Formel, der Formel
der drei achten, forderten sie, bezogen auf die vierundzwanzig Stunden des Tages,
acht Stunden Arbeit, acht Stunden Ruhe und acht Stunden Freizeit Dieselbe acht
ist jedoch für die Okkultisten vor allem die Zahl der Gerechtigkeit, der Kraft,
der Inspiration und des Geistes. »Personen, deren Name dieser Zahl entspricht
(behaupten sie), sind hartnäckig, unabhängig, instinktiv und aufrecht in ihrer
Handlungsweise.« Für mich ist die acht indes nichts weiter als ein streitsüchtiger
Typ mit Wespentaille und ausladenden, reich gepolsterten
Hinterbacken, der fortwährend seine Nebenmänner
provoziert. Die Okkultisten behaupten auch, daß die drei die Zahl der Erleuchtung,
der Vollständigkeit und der Verfeinerung sei. Sehr
gut, sie sollen denken, was sie wollen. Für mich ist die drei nur eine unvollständige
acht, der jemand (im Verlauf einer leidenschaftlichen Liebesnacht) die linke
Seite abgebissen hat und die auf der rechten Seite noch immer die sündhaften
Kurven des Vorabends bewahrt. - Javier Tomeo, Der
Löwenjäger. Berlin 1988