rankommen  Der Alte schlief am späten Nachmittag ein und wachte bei Tagesneige wieder auf, klingelte seinem Diener wegen des Frühstücks, bekam einen Wutanfall, als dieser ihm die Suppe brachte, Monsieur wird wieder geschlafen haben, wenn er in diesem Tempo weitermacht, haben wir bald übermorgen und nächste Woche, Monsieur braucht keine Angst zu haben, er kommt schon noch dran wenn seine Stunde geschlagen hat.

Redet man so mit einem Kranken. Doch er kennt seinen Herrn besser als alle andern, der Alte spielt schon lange genug den Todkranken, ziehen Sie Ihren Schlafrock an und stehen Sie auf, ich stelle die Suppe auf den Schreibtisch. - (apok)

Drankommen (2)  »O Mydlakowski«, sagte der sanfte Alte mit aufrichtigem Vorwurf, »Sie wissen nicht, was animis oblatis heißt und was für eine Form das ist? Warum wissen Sie das nicht?«

Und er gab ihm eine Fünf, ehrlich betrübt. Gleich darauf wurde sein Gesicht wieder freundlich, und mit einem Anlauf wiedergefundenen Vertrauens rief er unter K Koperski auf, in der Meinung, ihn durch solche Auszeichnung zu beglücken; mit seinem Blick und seinen Gesten tiefsten Vertrauens ermunterte er ihn zu edlem Wettstreit. Doch weder Koperski noch Kotecki, Kapusta, noch sogar Kolek wußten, was animis oblatis bedeutet, gingen zur Tafel vor und schwiegen unwillig und stumm, und der kleine Alte äußerte jedesmal seine kurze Enttäuschung durch eine bündige Fünf im Klassenbuch; doch immer wieder von neuem, als sei er eben erst vom Monde gekommen und nicht von dieser Welt, rief er mit ständig sich erneuerndem Vertrauen einen anderen auf, jedesmal in der Erwartung, daß der Aufgerufene und Beglückte dem Aufruf würdig antworten werde. Niemand antwortete. Schon an die zehn Fünfen hatte er ins Klassenbuch gemalt, und doch wurde er sich noch immer nicht bewußt, daß sein Vertrauen mit totem und kaltem Schrecken abgewiesen wurde, daß niemand dieses Vertrauen wünschte. O maßlos vertrauender, kleiner Alter! Gegen ein solches Vertrauen gab es keinen Rat. Vergebens versuchte man es mit verschiedenen Mitteln, vergeblich legte man Atteste vor, brachte man Entschuldigungen, kam man ihm mit Ausreden wegen Krankheit - immer erwiderte der Lehrer darauf nur mit Verständnis und Mitgefühl.

»Wie, Herr Bobkowski? Sie haben Ihre Lektion aus nicht von Ihnen verschuldeten Gründen nicht präparieren können? Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde Sie über einen früheren Text befragen. Was? Auch das Köpfchen tut weh? Vortrefflich! Eben habe ich da eine interessante Maxime de malis capitis - wie geschaffen für Sie! . . .Was? Sie empfinden die dringende Notwendigkeit, sich auf das Klosett begeben zu müssen? O Herr Bobkowski, wozu denn das? Finden wir doch auch dies bei den Alten! Gleich zeige ich Ihnen den berühmten Passus im fünften Buch, wo Cäsars ganzes Heer nach dem Genuß verdorbener Rüben dem gleichen Lose unterlag. Das ganze Heer! Das ganze Heer, Bobkowski! Wozu also solches nur höchst unzulänglich machen, wenn man eine solch geniale und klassische Schilderung bei der Hand hat? Diese Bücher sind das Leben selbst, meine Herren, das Leben selbst!«

Vergessen waren Siphon und Mjentus, begraben die Streitigkeiten. Man war nur bemüht, nicht dazusein, nicht zu existieren; die Schüler machten sich klein, unauffällig und grau, zogen den Bauch ein, die Hände und die Füße, und keiner langweilte sich, von Langeweile konnte gar nicht die Rede sein, denn alle waren von düsterer Furcht besessen, und jeder erwartete mit Schmerzen den Schrecken, wann er von dem durch die Texte gemästeten Aufruf des kindlichen Lehrer-Vertrauens erwischt werden würde. - (fer)

Drankommen (2)  EMIL
Laß mir eine Hose!
GUSTAV
Laß mir eine Hose!
MAX
Laß mir eine Hose!
HEINZ
Laß mir eine Hose!
ALBERT
Laß mir eine Hose!
ULI
Laß mir eine Hose!
HANS-JÜRGEN
Laß mir eine Hose!
ALLE
Jetzt vögeln wir sie!
EMIL
Ich fang an, ich hab die Hose!
GUSTAV
Ich fang an, meine Hose ist warm!
HEINZ
Ich fang an, ich riech ihren Schoß m meiner Hose!
ULI
Ich fang an, in meiner Hose ist ein Härchen!
ALBERT
Mir is gleich, wer anfängt, drankommen will ich!
HANS-JÜRGEN
Das sag ich auch!
EMIL/GUSTAV/MAX/HEINZ/ULI
Ich bring dich um, wenn du mich nicht als ersten ranläßt! Emil Gustav Max Heinz Uli!
ALBERT/HANS-JÜRGEN
Wir beginnen!
ALBERT
Ich bins gleich!
HANS-JÜRGEN
Ich bins gleich!
ALBERT
Rühr sie nicht an!
.HANS-JÜRGEN
Wo ist mein Messer!
JUNGER MÖNCH
Careful With That Axe, Eugene: Mein Bräutigam mus schön sein mein Bräutigam mus still sein sonst lieb ich in nicht mer -
- Herbert Achternbusch, L'Etat c'est moi. Frankfurt am Main 1972 
 
 

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