chterinnenpublikum
Diese jungen Männer, Leser und Schüler des verstorbenen Philosophen, sind schon
ganz ausstudiert an der Universität Wien, diesem Schreckensort. Die dreisten
Vortäuschungen und Vertauschungen (Verstauchungen der einzigen Wahrheit!), die
sie dort eingelernt haben, drehen ihnendie Lefzen nach außen. Die Behauptungen
schimmeln ihnen noch im Leib. Sie liegen wie tot in ihren Fachbereichen und
falten die Hände. Wie der Blitz auf dem Wasser so schnell haben diese jungen
Männer fertig studiert und sind persönlich gut damit fertiggeworden. Sie kommen
mühselig und beladen und um aufgefüllt zu werden hier an. Sie blamieren ihre
Gastgeberin. Gehen dann fort als sei nichts gewesen. Sie gehen hier regelmäßig
in der Nacht aus und ein, ohne daß ihnen dabei ein guter Einfall käme. Die alte
Dichterin schätzt die natürliche Verdunkelung am Abend sehr (die Nacht),
denn da sieht keiner sie und sie kann ihre wolkigen 'Kunstgebilde in die Luft
jagen, ohne ausgelacht zu werden. Diese winzigen Kunstbomben. Dieses Kunsterdbeben.
Die Kunst stinkt, ja stinkt! und ist hart zu denen, die sie auf sie hören. Die
alte Frau horcht heimlich auf die Hitze in ihrem Leib. Wie eine Art-Geschöpf
istsie noch lebendig. wer würde es noch vermuten. Wem kann sie es zumuten. Sie
muß, was sie jetzt noch fühlt, im Zeitraffer fühlen. - Elfriede Jelinek, Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr.
Reinbek bei Hamburg 1998
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