Detektiv, frühreifer  Ich habe eine beeindruckende psychoanalytische Darstellung der Detektivgeschichte in einem Aufsatz von Dr. Charles Rycroft gefunden, den er im Psychoanalytical Quarterly vor rund fünfzehn Jahren veröffentlicht hat. Rycroft unterwirft zunächst die Hypothese der Psychoanalytikerin Pederson-Krag einer genaueren Untersuchung. Geraldine Pederson-fCrag behauptet nämlich, daß die Detektivgeschichte ihre Ursprünge aus der >Primärszene< der Kindheit herleite. Die Mordtat entspreche dem elterlichen Geschlechtsverkehr, das Opfer seien die Eltern, und die Fingerzeige, die zur Lösung führen, werden repräsentiert durch geheimnisvolle »nächtliche Geräusche, seltsame Flecken und Scherze der Erwachsenen, die das Kind nicht begreift.« Der Leser befriedigt nach Pederson-Krag infantile Neugier, indem er sich in die Rolle des Detektivs versetzt und so »die hilflose Unzulänglichkeit und das Angst-Schuld-Gefühl seiner Kindheit, deren er sich im Unterbewußtsein erinnert, nahezu restlos abbauen kann«.

Rycroft fügt diesem Gedanken eine sehr interessante Anmerkung bei. Wenn die Eltern das Opfer sind - wer ist dann der Täter? Er muß nämlich auch »die unbewußte, spannungsbedingte Feindseligkeit des Lesers gegenüber den Eltern repräsentieren.« Und Rycroft folgert: »Der Leser ist also nicht nur der Detektiv, er ist zugleich auch der Täter«, und »in einer idealen Detektivgeschichte müßte eigentlich der Held entdecken, daß er selbst der Täter ist, nach dem er so lange gesucht hat.« - Julian Symons, Am Anfang war der Mord. Eine Geschichte des Kriminalromans. München 1982 (Goldmann 5228, zuerst 1972)

Detektiv Frühreife


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