ebauche
Allwöchentlich sah man Iturria und Demoisel an diesem oder jenem
Tag morgens mit umschatteten Augen und den angespannten Zügen übernächtigter
Männer vom Schlafsaal herunterkommen. Erloschenen Gesichts und mit summendem
Kopf erschienen sie im Klassenzimmer nur, um sich hinter einer Mauer aus Wörterbüchern
auszuschlafen. Während der Pausen ließen sie sich weder im Hof noch im Park
blicken; erst wenn wir in die Klassen zurückkehrten, schlichen sie sich aus
den Klavierkabuff und tauchten in unseren Reihen unter, schwerfällig,
als schliefen sie im Gehen. Santos war dann von einer Blässe,
die ihm gut stand; der Neger dagegen sah aus wie ein schlechtgeschminkter Clown,
ein mit Tinte und Schokolade flüchtig überpinselter Holzkopf. Und in der Klasse
ging es weiter: Demoisel, ein großer Faulpelz, der aus diesem Grunde in der
letzten Bank saß, gab sich hemmungslos, den Kopf an die Wand gelehnt, die Beine
ausgestreckt, ausgiebigem Schlummer hin. Im Gegensatz dazu schlief Santos, der
Primus der Klasse, steif aufgerichtet, die Ellbogen leicht auf den Tisch gestützt.
Seinem Nachbarn hatte er die Weisung gegeben: »Stoß mich an, wenn man mich aufruft.«
- Valery Larbaud, Fermina Márquez. Frankfurt
am Main, Berlin
1992 (Ullstein-Tb. 30250, zuerst 1911)
Debauche (2)
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