arm Sie
sahen, daß die Hose am Bund zerrissen war, und aus dem Riß
schaute etwas hervor, vergleichbar einer Blase, graurosa
von Farbe. Aber es war nicht Haut, nicht Fleisch, nicht Blut. Und es war groß
wie eine Walnuß. »Wir müssen ihn aufs Bett legen«, sagte der Kapitän. James
Botters schritt aus eigenem Antrieb schwankend zum Bett, und der Mann, der Wache
hatte, half ihm, sich hinzustrecken. Er zog ihm auch die Stiefel von den Füßen.
Er streifte ihm die Bluse über den Kopf. Dann hörte er wieder die Stimme Mov
Faltins, einen Befehl: »Geh jetzt! Sage niemand, was du gesehen hast! Ich werde
allein damit fertig werden.« Er drängte den Mann hinaus, verriegelte die Tür.
Er schraubte den Docht der Lampe so hoch wie es anging, ohne daß sie rußte.
Er zog die Medizinkiste hervor. Dann erst wandte er sich dem Verunglückten wieder
zu. Er entkleidete ihn ganz. Und so sah er denn den Matrosen James Botters,
sechsundzwanzig Jahre alt, klein an Wuchs, mit verkrüppelten schmutzigen Zehen,
breitem Becken, so daß der Gang des Menschen x-beinig war, weißhäutig,
unbehaart, grobhändig, durch keine Schönheit ausgezeichnet, ein durchschnittlicher
Mensch, wie er von den Müttern kommt. Aber aus seinem Leibe war, groß wie eine
Walnuß, durch eine Wunde, die kaum noch blutete, die braun umrandet war, eine
Schlinge des Darms hervorgetreten. Dem Matrosen schlugen die Zähne in Kälteschauern
wieder aufeinander. Mov Faltin gab ihm ein Viertelwasserglas voll Kognak. »Ich
werde ihn zunähen müssen«, sagte Mov Faltin zu sich selbst, »ich werde dies
Schwierige ausführen müssen, denn er wird sonst in zwei Tagen tot sein.« Er
suchte Watte und Chloroform hervor. Er ließ den Matrosen den süßlichen Dampf
des Betäubungsmittels einatmen. Er wartete ein paar Minuten, las die Beschreibung,
wie man Fleischwunden vernähe. Er wußte nicht, wie tief der Schlaf des Verunglückten
war, ob er bewußtlos war oder noch wachte, als er sich ans Werk machte. Aber
darauf kam es auch nicht an. Der Kapitän betupfte die schwammige Blase, die
aus dem Bauche hervorgetreten war, mit einer desinfizierenden Flüssigkeit. Er
tauchte die eigenen Finger in die gleiche Flüssigkeit. Mit einem dieser Finger
stieß er den Darm durch die Öffnung im Leibe zurück. Dann vernähte er sie kunstlos,
doch emsig, mit einer Anzahl Stichen. Er trieb die krumme Nadel durch Haut und
Fleisch. Er tropfte noch einmal mit Bedacht Chloroform auf den Wattebausch,
der das Gesicht des Matrosen bedeckte. Dann betrachtete er sein Werk. Nein,
er betrachtete das Werk des Schöpfers, den Menschen, der verunglückt war, der
leben oder sterben würde. Und dies Anschauen bereitete ihm ein so unermeßliches
Glück, einen Genuß von so unirdischer Größe, daß er sich nicht losreißen konnte.
-
(
jah
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