Dampfroß  »Es ist eine uralte Geschichte«, so begann Nestor zu erzählen, »daß nämlich meine Frau damals, als ich sie hatte, bei allen das Dampfroß hieß. Sie war eine ziemlich stattliche Frau, schon an und für sich; also ziemlich stattlich in allem, was den Körper betraf, für eine Frau eben. Und mich nannte sie immer ihr schmuckes Nestörchen, das war, ehe ihr diese Dampfkrause um den Kopf herumwuchs, und sie sagte immer: ›Nestörchen, mein schmuckes, heute vögeln wir zwei‹, haben Sie verstanden? So; und ich sagte: ›Irene, ich bin so weit‹, damals nannte ich sie nämlich noch Irene, wie sie wirklich hieß, als sie weder für mich noch für sonst jemanden das Dampfroß war.

Ich sagte: ›Irene, ich bin so weit‹, und sie: ›Los, Nestörchen, jetzt vögeln wir‹, und so redeten wir miteinander; und jetzt passen Sie auf: Da war auf einmal ein Geruch überall, und ich denke, daß so die Frauen riechen. Daran kann ich mich erinnern.

Ich weiß nicht, was mir an dem Dampfroß gefiel, damals. Vielleicht weil ich mich mit den Frauen und dem Vögeln und so nicht recht auskenne. Als wir gewöhnliche Verlobte waren, da hatte sie keine so unerhörte Kraft, oder sie hat's mich nicht spüren lassen, glaube ich.

Ich weiß noch, daß sie immer ›Nestörchen, mein schmuckes‹ sagte und dann ganz eigentümlich schnaubte in solchen Momenten und so etwas Eigenes ausschwitzte, das wie der Dampf einer Lokomotive war.

Ich erkannte sie in solchen Momenten nicht wieder; sie wurde eine Art Dampfkessel und bekam eine unmenschliche Kraft. Ich glaube, es fing jedenfalls immer mit dem Dampfkessel an, denn sie kam unter Druck und ihre Temperatur stieg, und da wurde ich ein armer Kolben in ihrer Hand. Ich glaube, daß sie innen drin eine Zeitlang richtig kochte und dafür einen Druckverminderer brauchte.«   - (mond)

 

Lokomotive Frau, stattliche

 

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