Damenrasierer    Vor ihrer Zimmertür klammerte sie sich an seinen Hals und flüsterte ihm zu: »Bleib heut nacht bei mir.«

Plötzlich schoß ihm die Idee durch den Kopf, sie dort, auf dem Bett, zu töten. Es war so einfach. Er mußte nur ein Handtuch aus dem Badezimmer holen und es ihr auf das Gesicht drücken.

»Bitte, bleib... Ich kann... So betrunken bin ich nicht...«, flüsterte Aliki. Mit einem Mal brach sie in Tränen aus. »Nein, nein, ich weine bestimmt nicht, wenn du bei mir liegst...«, beruhigte sie ihn. »Ehrenwort. Alles unter Kontrolle.«

Jimmy zog sie langsam, fast zärtlich aus. Aliki hielt die Augen geschlossen und lächelte unter Tränen. Als er bei BH und Slip angelangt war, drehte sich Aliki zur Seite und begann zu schnarchen.

Er hatte das Handtuch gepackt und wollte gerade damit aus dem Bad treten, als sein Blick auf die Klinge des Damenrasierers fiel. Warum mit dem Handtuch, dachte er. Wäre es nicht klüger, ihr die Pulsadern aufzuschneiden, damit es wie Selbstmord aussah? Er war sehr stolz auf seine Idee, doch als er sich über sie beugte, um ihr Handgelenk zu fassen, wirkte ihr Körper so eingefallen, so voller Falten - er sah die Hängebrüste, den schnarchenden, halboffenen Mund, und eine tiefe Trauer erfaßte ihn. Er warf die Rasierklinge aufs Bett und rannte aus dem Zimmer.

»Ich bin ein Versager«, sagte er immer wieder, als er den dunklen Feldweg entlangging.  - Petros Markaris, Balkan Blues. Zürich 2005

Dame Rasiermesser

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