ämonologen Hören
wir nun die eigentlich exorzistische Theorie. Zum Thema
äußert sich als erster ausführlich Tatian. Er sieht die Ursachen der
Krankheiten zunächst in einer Unordnung der körperlichen
Zustände. In diese natürlichen Verhältnisse mischen sich, so meint er, die Dämonen
ein; durch den Logos werden sie vertrieben. Lactantius weiß, daß die
Dämonen »mit Träumen die Seelen schrecken, mit Wut die Geister erschüttern«.
Augustinus sagt, daß sie denjenigen, die
sich »verkehrterweise in irdische Güter vernarren und deren moralischer Zustimmung
sie sicher seien«, gefährlich würden. Man wußte, daß die Symptome schwänden,
sobald die Dämonen ihre Wirksamkeit eingestellt hätten. Man wußte ebenfalls
sehr wohl, daß es sich zum Teil um individuelle, zum Teil um kollektive Charaktere
handelte. Hermas, Tertullian, Gregor von Nazianz, Petrus Lombardus u.
a. nehmen für jeden einzelnen Menschen einen besonderen Dämon
als Versucher an. Ähnlich ist die Meinung des Origenes,
wenn es nach ihm Hauptdämonen ebenso viele als Hauptkeime zum Bösen (libidinöse
Neigungen) im Menschen gibt, die unter Mitwirkung des Bewußtseins zu Todsünden
werden. Der Übergang zu den Kollektivanschauungen zeigt sich, wenn man Origenes
weiter folgt. Derjenige, der eine Todsünde begeht, wird dem dahinterstehenden
Dämon besonders zu eigen (consecratus). So kann es geschehen, daß man so vielen
Dämonen hörig werde, als man verschiedene Sünden begehe und in den einzelnen
Vergehen sich zu den Mysterien dieses oder jenes Idols bekenne (in Num. hom.
20 n. 3). Die Dämonologie bezieht sich hier ausgesprochenermaßen auf Mysterienkulte,
Ideologien und die pneumatische Sphäre. Aus Göttern
der umgebenden Kulte, die meist Fruchtbarkeitskulte, mancherorts hermaphroditische,
sogar Inzestkulte waren, sind Teufel geworden. -
Hugo Ball, Der Küntler und die Zeitkrankheit. Frankfurt am Main 1988 (zuerst
1926)
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