Dämmerschlaf  In ihrem Buch Scopolamine-Morphine Anaesthesia (1915) gibt Dr. van Hoosen diese erstaunliche Schilderung einer Operation, die an einer Patientin im Dämmerschlaf vorgenommen wurde. Die Patientin war 63:

11 Uhr 20    (Puls 120) Beginn der Operation.

11 Uhr 21 »Oh je (murmelt). (Patientin krümmt sich in Erwartung von Schmerz.) Ja, er kommt. Oh je. Bitte lassen Sie mich gehen. leh halte das nicht aus.« (Stöhnt) »Oh, oh mein Gott.«

11 Uhr 25 »Oh Gott! Das tut so weh.« (Ausschabung.) »Oh Leute, ich habe nicht gewußt - oh je.«

11 Uhr 30    Operation beendet.

11 Uhr 30 Dr. v. H.: »Wie geht es Ihnen?« Patientin: »Wunderbar.«

Auf dieses Gespräch folgte vollkommene Amnesie. Schon drei Tage danach erinnerte die Frau sich nicht mehr an die Operation.""

Das öffentliche Interesse an der Skopolamin-Morphium-Anästhesie wurde so groß, daß Frauen, die im Dämmerschlaf geboren hatten, zu Berühmtheiten wurden und an Straßenecken Reden hielten. Zwischen 1914 und 1915 ging die Zahl der Frauen, die im Dämmerschlaf niedergekommen waren, in die Tausende. Um die Behauptung zu entkräften, Skopolamin-Morphium-Entbindungen seien gefährlich für die Babys, unternahm Mrs. Francis Xavier Carmody aus Brooklyn, eine der bekanntesten Anführerinnen der neuen Bewegung zur Förderung der Skopolamin-Morphium-Anästhesie, einen ungewöhnlichen Schritt und stellte ihr kräftiges Kind öffentlich im Kaufhaus Gimbels aus. Ihr persönlicher Bericht war einfach, aber von entwaffnender Überzeugungskraft: »Ich verspürte überhaupt keine Schmerzen.«

Die populär gewordene Dämmerschlaf-Bewegung brach plötzlich zusammen, als Mrs. Carmody 1915 im Kindbett starb. Der Dämmerschlaf war, wie ihr Arzt bezeugte, nicht die Todesursache, aber die Öffentlichkeit hatte eindeutige Zweifel, und die Bewegung nahm irreparablen Schaden.  - David B. Morris, Geschichte des Schmerzes. Frankfurt am Main 1996

 

Schlaf Dämmer

 

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