- Athanasius Kircher, nach: Klaus J. Heinisch, Der Wassermensch. Stuttgart
1981 (Klett-Cotta).
Cola Pesce (2)
URINATORIA oder vielleicht besser zu schreiben/ URNATORIA,
(ab Urna) das Untertauchen/ vermittels/ oder
auch gantz frey/ und sonder gehöriger Glocken Wasser-Harnische/ die gelegenheit
der unterwässrigen Orthe zu erforschen/ allerhand Kräuter/ Steine/ Corallen/
Perlen und Muschel-werck/ oder was etwa zu Schiff versuncken/ von dannen
hervor zu hohlen/ ja wol zur Zeit/ wenn es je an ein heftiges Seetreffen
geht/ bißweilen an heimlich-zugerichteten Brenn-schiffen/ unter dem Wasser
daß Ancker-tau abzukappen/ und das Schiff unter die Armada der Feinde lassen
loß zugehen; dergleichen verwegene Mergos oder ungefiederte Teucher/ die
Herren Venediger unterschiedlichel in vorigem Türckenkriege
gehabt; und hingegen von seiten der Barbaren/
schreibt Theophilus Urbinus daß bei Abuzir/ einer Stadt in AEgypten/ am
Nil gelegen/ die Fischer gewohnet seyn/ einen gantzen geschlagenen Tag
unterm Wasser zu liegen/ und ihrer gar fertigen Schwimm-Kunst
sich zum Raub/ Diebstahl/ und verderblicher herumbkehrung überhinfahrender
Kähne und Nachen/ zu mißbrauchen: ja was noch denckwürdigers von Kirchero
erzehlet wird/ soll zur Zeit Frederici, Königes in Sicilien/
Nicolaus ein gar berühmter und deßwegen Pescecola (oder der Fisch)
genennter/ Untertaucher gewesen seyn/ der von Jugend auf in das See-Wasser/
und geniessung roher Fische verliebt/ zum öfftersten von darab/ gegenüber
nach Calabrien/ und wieder zurück/ unter dem Wasser Bothschafft gegangen/
von vorbeyfahrenden Schiffern manchesmal/ bey erstem Anblick seiner/ für
ein Meer-Wunder geschätzt/ dann inner Port
genommen worden/ Briefe in einer wolverwahrten ledernen Tasche bey sich
gehabt; nachdem er sich aber genug gemästet/ unversehens wiederumm hinab
gefahren/ und folgends hernach/ von gemeldtem König Siciliens/ gegen Verehrung
einer ins Wasser geworffenen göldenen Schale/ so fern selbige dieser Nicolaus
wieder hervor bringen würde/ veranlasset worden! die höchst-gefährlichen
famosen, See-Klippen/ Charybdis genennt! ohne
vieles bedencken/ zu besuchen; die Schale gefunden/ und bey frolockender
hervorbringung derer/ erschröckliche Dinge erzehlt/ die ihm hernach/ bey
gleichmäßiger hinab stürtzung nach noch einer goldenen
Schale und Beutel Geldes/ den Lebensgaraus gemacht/
weil er entweder von grossen Meer-Wundern verschluckt/
oder von hefftigen Strudeln und Würbeln
der Flüsse unter der See/ in die tieffste - und Abgründe
der Welt gerissen worden/ und jämmerlich umbkommen. - D. Johann-Daniel
Majors See-Farth nach der Neuen Welt/ ohne Schiff
und Segel; Anno 1670 zu erst/ und nu wiederumb/ der gelehrten Welt vorgestellet,
Hamburg 1683. Aus: Klaus J. Heinisch, Der Wassermensch. Stuttgart 1981
(Klett-Cotta)
Cola Pesce (3) Mitten im Wasser schwebte ein Mann, ein Taucher, der an seinem Gürtel eine Lederbörse trug. Es war kein den Fluten überlassener Leichnam, es war ein lebender Mensch, der mit kräftigen Stößen schwamm, gelegentlich aufsteigend, um Luft zu holen, und alsbald wieder untertauchend.
Ich wandte mich an Kapitän Nemo und sagte aufgeregt:
»Ein Mensch! Ein Schiffbrüchiger! Er muß um jeden Preis gerettet werden!«
Der Kapitän gab keine Antwort, er beugte sich nur vor.
Der Mann hatte sich genähert und schaute uns an, das Gesicht an die Scheibe gepreßt.
Zu meiner größten Verblüffung machte ihm Kapitän Nemo ein Zeichen. Der Taucher antwortete ihm mit einer Gebärde der Hand, stieg unverzüglich zur Oberfläche auf und erschien nicht mehr.
»Beunruhigen Sie sich nicht«, sagte der Kapitän zu mir. »Es ist Nikolas von
Kap Matapan, mit dem Übernamen ›der Fisch‹. Er ist in den ganzen Kykladen bekannt.
Ein kühner Taucher! Das Wasser ist sein Element, er lebt mehr dort als auf festem
Boden und wechselt von einer Insel zur andern bis hinunter nach Kreta.« -
Jules Verne, Zwanzigtausend Meilen unter Meer.
Zürich 1976 (zuerst 1870)
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