Bunker    Ein kompliziertes, pulsierendes, formloses Gebilde aus Apparaturen und Stützstreben, Balken und Wänden und versiegelten Schleusen. Alle Spotlights waren darauf gerichtet; gewaltige Reklameschilder kündeten von seinen hunderterlei Vorzügen - als ob es daran einen Zweifel geben könnte.

DER NEUE »1972« - DER BOMBENSICHERE STRAHLUNGSDICHTE UNTERIRDISCHE BUNKER IST DA! ÜBERPRÜFEN SlE DIE FOLGENDEN UNÜBERTROFFENEN EIGENSCHAFTEN
* automatischer Abfahrtslift - Blockierschutz, eigene Stromversorgung, E-Z-Schleuse
* dreischichtige Hülle, hält garantiert einen Druck von 5 g aus, ohne zu verziehen
* A-getriebenes Heiz- und Kühlsystem - selbstreinigende Luftversorgung
* drei   Dekontaminationsphasen für Lebensmittel und Wasser
* vier Reinigungsphasen bei vorausgegangener Verstrahlung
* umfassende antibiotische Behandlung
* E-Z-Finanzierung

Er starrte lange auf den Bunker. Er bestand im wesentlichen aus einem wuchtigen Tank, mit einer Verlängerung an einem Ende - der Röhre für den Lift - und einer Notausstiegsluke am anderen. Er war völlig autark: eine Miniaturwelt, die sich selbst mit Licht, Wärme, Luft, Wasser, Medikamenten und nahezu unerschöpflich mit Nahrungsmitteln versorgte. Im vollausgestatteten Zustand gab es Video- und Audiobänder, Unterhaltung, Betten, Sessel, Videoschirme, alles, was das oberirdische Leben in den eigenen vier Wanden ausmachte. Es war praktisch ein Zuhause unter der Erde. Es fehlte nichts, was notwendig oder angenehm war. Eine Familie würde während der schwersten Angriffe mit H-Bomben und bakteriellem Nebel sicher, sogar behaglich wohnen.

Er kostete zwanzigtausend Dollar. - Philip K. Dick, Foster, du bist tot. In: P. K. D., Foster, du bist tot. Zürich 2001 (zuerst 1954)

Bunker (2)

Bunker (3)  

 

- Francis Bacon

Bunker (4)

Bunker (5)    Dieser öffentliche Luftschutzraum faßt 120 Menschen. Es sind etwa 60 gekommen, die auf Gartenstühlen, Hockern, Pritschen, Bänken im Licht der Kellerglühbirnen sitzen oder auf ihrem Gepäck Platz genommen haben. Als das »schüttelnde Brummen« sich steigert, darauf Pfeifen der Abwürfe, rennen noch einige Personen durch die Schleusen herein, die von den Luftschutzwarten verriegelt werden. »Einschläge im Nahbereich«, sagt der Luftschutzleiter. Die Glühbirnen flackern, gehen aus. Wir rutschen von den Sitzen auf den Kellerfußboden, kommen über den Gliedern anderer zu liegen. Eine Menge der Insassen stürmt nach der ersten Einschlagserie in Richtung der Schleuse, will raus. Die Gruppe der Luftschutzwarte wirft sich ihnen entgegen. »Es ist verboten, den Luftschutzraum während des Angriffs zu verlassen.« Jetzt erkundeten aber Männer und Frauen mit Stablampen zu den Mauerdurchbrüchen hin. Keiner will in der Dunkelheit bleiben. Sie wollen sehen, was los ist. Sie kommen zurück, tuscheln. Die Schleuse läßt sich nicht öffnen. Gruppen werden eingeteilt. Zwei Verwundete, von denen ich später erfahre, daß sie zum Lazarett im »Domklub« gehörten, und die vom Sonntagsspaziergang in unseren öffentlichen Luftschutzkeller geflüchtet waren, drängelten sich zu den Warten und führten eine Gruppe von Frauen an, die mit Picken und Schaufeln den Mauerdurchbruch zum Nachbarkeller öffneten, hinter ihnen in Grüppchen von acht bis zehn Personen eine von den Luftschutzwarten organisierte Schlange unserer verschütteten Gemeinschaft. Wir erkundeten den Nachbarkeller, in dem vier Erstickte lagen. Ausgänge verschüttet. Unter Leitung der zwei Gefreiten durchstoßen wir mit Pickel und Eisenstangen den Durchbruch zu Haus Nr. 64, das wissen wir nicht, sondern es wird zugeflüstert, aber wir sehen in diesem Keller schon den Schamott, angeleuchtet von unseren Taschenlampen, die auf Daumendruck schnurren. Auch die Kellertreppe herunter Müll. Wir finden den Durchbruch zum Haus Nr. 66. In diesem Keller mußten wir suchen. Es war kein Durchbruch zu finden. Die Schlange hinter uns drängte. Einige von der Spitzengruppe konnten die Arme nicht mehr so wie zu Anfang bewegen, werden ersetzt. Ist ein Mann oder eine Frau mit starken Armen da hinten? Trude Willeke kam vor, übernahm die Picke. Wir rücken dann ein Gestell mit eingemachter Marmelade beiseite, die Gläser fallen, auch Spargel und Bohnen, und hinter diesem Matsch der Durchbruch. Wir kommen in einen ganz ordentlichen, gekalkten Keller, aber sowie wir die Kellertür aufgebrochen hatten nach oben - Gestein und Balken. Die Gefreiten sagten deshalb: Hier kommen wir nicht durch. Wir blieben also unterirdisch, sollten aber wenigstens das Gepäck, das einige mitschleppten, hier stehenlassen. Danach öffneten wir mit den Picken und Eisenstangen den Durchbruch zum Gebäude »Scblegelbräu«. Hier sehen wir Staub- und Rauchwolken eindringen. Die Eisenläden zu den Kellerfenstern sind gesprengt, Dämmerlicht von außen. Hinter uns die geführte Schlange. In diesem Moment die (wie wir später erfahren) vierte und fünfte Angriffswelle. Wir legten uns eng an den Boden. In den Seitenräumen klirren die Flaschen. Kletterten dann am Heineplatz-Gebäude empor, hinter uns etwa 70 Menschen, wie ein Kinderhort geführt, über einen Schuttkegel von Häusergröße, und sahen die Quedlinburger Straße, von Brocken übersät, an dem Reservelazarett vorbei, Schlachthausmauer entlang. Wir ziehen gepäcklos durch den Wald und werden in der »Langen Höhle« abgegeben, d.h., Vertreter der SA und der NSV, die die Aufsicht hier haben, übernehmen uns.

Was das im Keller des Hauses vor dem Schlegetbräu versteckte Gepäck angeht, so war es, als wir am folgenden Tag nachsahen, verschwunden. Das traf uns sehr. Wir fanden aber keine Stelle, an der wir Rache nehmen konnten.   - (klu)

 

Schutz Bombe Bombenangriff

 

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