üro   Aline war aufgesprungen, als schnupperte sie den Geruch eines Mannes, der lange ihr Liebhaber gewesen war.

Nicht ihr Liebhaber - ihr Männchen. So wie sie sein Weibchen gewesen war.

Es waren zwei Tiere, die sich in diesem friedlichen Büro anblickten, als wären sie in einer Arena oder im Dschungel.

Ihre Lippen zitterten, ihre Nasenflügel bebten. Fernand zischte:

»Was hast du ...?«

Den Oberkörper vorgebeugt, die Muskeln gespannt, stand sie vor ihm, sah ihn gehässig an und spuckte ihm ins Gesicht.

Ohne es abzuwischen, trat er einen Schritt vor, hob drohend die Hände, während der kleine Richter aufgeregt auf Maigrets Sessel hin und her rutschte.

»Du Hure, du bist es, die ...«

»Schuft! Lump! Mörder!

Es gelang ihr, ihn ins Gesicht zu schlagen, aber trotz der Handschellen packte er ihren Arm und drehte ihn um, beugte sich über sie, und in seinen Augen spiegelte sich unendlicher Haß.  - Georges Simenon, Maigret hat Geduld. München 1971 (Heyne Simenon-Kriminalromane 99, zuerst 1965)

Büro (2)  Ed fand die Treppe. Er hielt sich am Geländer fest und stieg hinauf. Die Stufen unter ihm zerfielen. Er hastete noch schneller weiter. Hinter ihm lag ein zerklüfteter Weg - seine Fußabdrücke im Beton waren deutlich zu sehen. Aschewolken wehten um ihn her, als er den zweiten Stock erreichte.

Er starrte den stillen Gang hinunter. Noch mehr Aschewolken. Kein Laut war zu hören. Nur Dunkelheit — sich dahinwälzende Dunkelheit.

Schwankend stieg er in den dritten Stock. Einmal brach sein Schuh ganz durch die Stufe durch. Einen abscheulichen Augenblick lang hing er in der Schwebe über einem gähnenden Loch, über einem bodenlosen Nichts.

Dann stieg er weiter nach oben und erreichte sein Büro:

DOUGLAS UND BLAKE, IMMOBILIEN.

Aschewolken hüllten den Flur in trübe Finsternis. Die Deckenlampen flackerten unregelmäßig. Er streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Der Türgriff brach ab. Er ließ ihn fallen und grub seine Fingernägel in die Tür. Er durchstieß das Spiegelglas, es ging zu Bruch. Er riß die Tür in Stücke, stieg über sie hinweg und betrat das Büro.

Miss Evans saß an ihrer Schreibmaschine, die Finger ruhig auf die Tasten gelegt. Sie bewegte sich nicht. Sie war grau, das Haar, die Haut, die Kleider. Farblos. Ed berührte sie. Seine Finger drangen durch ihre Schulter wie durch eine trockene, brüchige Masse. - Philip K. Dick, Menschlich ist ...  Zürich  1996

Büro (3)  

Büro (4)    Die satanischen Majestäten der Kosmodämonischen Telegrafen-Gesellschaft hatten es für richtig befunden, mein Hauptbüro noch einmal zu verlegen, diesmal in das Dachgeschoß eines alten Lagerhauses im Verpackungsviertel. Mein Schreibtisch stand in der Mitte eines riesigen verlassenen Bodens, der nach Dienstschluß als Ausbildungssaal für die Botenbrigade benutzt wurde. In dem angrenzenden, ebenso großen und leeren Raum war so etwas wie eine Kombination von Klinik, Apotheke und Sporthalle eingerichtet. Um das Bild zu vervollständigen, hatte man einige Billardtische aufgestellt. Eine Anzahl der Schwachköpfe brachten ihre Rollschuhe mit, um sich in den «Arbeitspausen» die Zeit zu vertreiben. Es war ein Höllenlärm, den sie den ganzen Tag lang vollführten, aber ich war jetzt so völlig desinteressiert an allen Plänen und Projekten der Gesellschaft, daß mir das - weit davon entfernt, mich zu stören - großes Vergnügen machte. Ich war nun gänzlich von den anderen Dienststellen isoliert. Das Herumschnüffeln und Bespitzeln hatte nachgelassen - ich war sozusagen in Quarantäne. Das Anheuern und Rausfeuern der Boten ging wie im Trancezustand weiter: Meine Abteilung war auf zwei Mann beschränkt worden - mich selbst und den ehemaligen Boxer, der vormals die Kleiderablage unter sich hatte. Ich gab mir nicht die Mühe, die Unterlagen in Ordnung zu halten, auch prüfte ich die Referenzen nicht nach, führte auch keinen Briefwechsel. Die Hälfte der Zeit kümmerte ich mich nicht einmal um das klingelnde Telefon. Wenn etwas sehr dringend war, gab es ja immer noch den Fernschreiber.

Die Atmosphäre des neuen Büros war ausgesprochen Dementia praecox. Man hatte mich in die Hölle verbannt - und ich genoß es. Sobald ich die Bewerber des Tages los war, ging ich in den Nebenraum und sah dem Tun und Treiben dort zu. Dann und wann schnallte ich mir selber ein Paar Rollschuhe an und drehte mich mit den Dummköpfen im Kreis. Mein Gehilfe schaute mir mit scheelen Augen zu, er konnte nicht begreifen, was mit mir los war. Manchmal brach er trotz seines Ernstes, seines «Kodex» und anderer ablenkender psychologischer Elemente, in ein Lachen aus, das sich bis an den Rand der Hysterie steigerte. Einmal fragte er mich, ob ich «Schwierigkeiten daheim» hätte. Vermutlich fürchtete er, daß ich mich als nächstes der Trunksucht ergeben würde. - Henry Miller, Sexus. Reinbek bei Hamburg 1980 (zuerst 1947)

Büro (5)

- Jacques Tati

 

Bürokratie

 

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