Bühnenbild    Eine Landschaft zwischen Steppe und Savanne, der Himmel preußisch blau, zwei riesige Wolken schwimmen darin, wie von Drahtskeletten zusammengehalten, jedenfalls von unbekannter Bauart, die linke größere könnte ein Gummitier aus einem Vergnügungspark sein, das sich von seiner Leine losgerissen hat, oder ein Stück Antarktis auf dem Heimflug, am Horizont ein flaches Gebirge, rechts in der Landschaft ein Baum, bei genauerem Hinsehn sind es drei verschieden hohe Bäume, pilz-formig, Stamm neben Stamm, vielleicht aus einer Wurzel, das Haus im Vordergrund mehr Industrieprodukt als Handwerk, wahrscheinlich Beton: ein Fenster, eine Tür, das Dach verdeckt vom Laubwerk des Baumes, der vor dem Haus steht, es überwachsend, er gehört einer andern Spezies an als die Baumgruppe im Hintergrund, sein Obst ist augenscheinlich eßbar, oder geeignet, Gäste zu vergiften, ein Glaspokal auf einem Gartentisch, halb noch im Schatten der Baumkrone, hält sechs oder sieben Exemplare der zitronenähnlichen Frucht bereit, aus der Position des Tisches, ein grobes Stück Handarbeit, die gekreuzten Beine sind unbehauene junge Birkenstämme, kann geschlossen werden, daß die Sonne, oder was immer Licht auf diese Gegend wirft, im Augenblick des Bildes im Zenith steht, vielleicht steht DIE SONNE dort immer und IN EWIGKEIT: daß sie sich bewegt, ist aus dem Bild nicht zu beweisen, auch die Wolken, wenn es Wolken sind, schwimmen vielleicht auf der Stelle, das Drahtskelett ihre Befestigung an einem fleckig blauen Brett mit der willkürlichen Bezeichnung HIMMEL, auf einem Baumast sitzt ein Vogel, das Laub verbirgt seine Identität, es kann ein Geier sein oder ein Pfau oder ein Geier mit Pfauenkopf.   - Heiner Müller, Bildbeschreibung. In: H. M., Shakespeare Factory 1. Berlin 1985
 

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