rut  Die Brut: das sind die unnatürlichen, auf irgendwie ektoplasmatischem (»psychoplasmatischem«, heißt es) Wege entstandenen Kinder einer Wahnsinnigen, von ihr in einer externen Fruchtblase ausgetragen, insgeheim geboren (nur ihr Psychiater weiß Bescheid) und in einen Schuppen gesperrt. Dort scheinen sie meist vor sich hinzudösen. Doch wenn Wut auf irgendwen in der Mutter aufsteigt, dann kommt Leben in sie, und sie ziehen schnatternd und kreischend los und morden, gleichsam die verkörperten Aggressionen der Geisteskranken. Als die Mutter am Ende glücklich erwürgt ist, fällt prompt auch die ganze »Brut« tot in sich zusammen. Etliche Male bekommen wir welche zu Gesicht: dick vermummte Vorschulkinder mit ungestaltem, leicht leichenhaften Gesicht. Allerdings, sie können sehr behende sein, wenn sie auf Mordmission gehen, und ihre ersten Morde verüben sie tückisch aus dem Hinterhalt. Aber dann sehen sie doch wieder aus wie relativ normale kleine Rangen, und der Zuschauer begreift nicht, wieso sich kräftige erwachsene Menschen von ihnen so willenlos zu Tode beißen lassen. Es muß wohl sein, weil der Anblick eines kleinen Kindes mit Mordabsichten sie vor Schrecken lähmt. Das kleine Kind als Raubtier - es ist ein extremer Versuch, unsere Furcht vor dem Mitmenschen zu mobilisieren, und ich bezweifle, daß er gelingt und gelingen kann. Die Angst, die sie tatsächlich ausbeuten, ist eine andere: Welche Eltern fürchteten nicht, daß mit ihren Kindern irgend etwas nicht in Ordnung ist? - Dieter E. Zimmer, Experimente des Lebens. Zürich 1989

Brut (2) Tagelang schwamm das Holzstück den Fluß hinunter, aber schließlich verlief sich die Flut, und die Schnecke fand sich mit einem Male auf dem Trockenen, mitten zwischen Schlamm und Unrat. Bald darauf kam die Sonne hinter den Wolken hervor, der Schlamm begann zu trocknen, und ehe die Schnecke es sich versah, saß sie so fest im Schlamm, daß sie sich nicht mehr rühren konnte. Es wurde schrecklich warm, und die Schnecke dachte, daß sie nun sterben müßte. Plötzlich jedoch kam eine Veränderung über sie; das Schneckenhaus zerbrach, und die kleine Schnecke begann unheimlich zu wachsen. Schließlich stand dort im Schlamm ein seltsames Wesen, wie es die Erde vordem noch nicht gesehen hatte. Es stand auf zwei Beinen, hatte zwei Arme mit Händen und Fingern, und außer ein paar Haaren auf dem Kopf war es völlig nackt. Es tat ein paar Schritte, aber es konnte sich nicht zurechtfinden.  - Nordamerikanische Indianermärchen. Hg. Gustav A. Konitzky. Düsseldorf, Köln 1982 (Diederichs, Märchen der Weltliteratur)

Ei
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Kind
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