Brauch, seltsamer  Blitzgeschwind kam ein salésches Korsarenschiff auf uns zugeschossen und rammte und enterte unser Fahrzeug. Unsere Matrosen wehrten sich wie echte päpstliche Soldaten. Sie warfen ihre Waffen weg, fielen alle auf die Knie und flehten die Seeräuber um Absolution in articulo mortis an.

Alsbald wurden sie splitternackt ausgezogen, wie Affen so kahl; meiner Mutter und unseren Ehrendamen erging es ebenso, und mir desgleichen. Es grenzt ans Wunderbare, wie flink und gewandt diese Herren die Leute zu entkleiden verstehen. Was mich aber weit mehr wundernahm, war der Umstand, daß sie uns Frauen allen den Finger in einen gewissen Ort bohrten, wo wir Weiber uns sonst nur Kanülen hineinstecken lassen. Dieser Brauch dünkte mich höchst seltsam. Man beurteilt eben alles ganz anders, solange man nie aus seinem Land hinausgekommen ist. Nicht lange nachher erfuhr ich, das sei geschehen, damit wir nicht etwa unbemerkt irgendwelche Edelsteine dort verstecken konnten. Es ist dies ein Brauch, der seit undenklichen Zeiten bei allen zivilisierten Völkern, die zur See fahren, im Schwange ist. Ich habe auch gehört, die Herren Malteserritter hätten ihn unweigerlich stets geübt, wenn sie Türken oder Türkenweiber gefangennahmen.   - Voltaire, Candide oder Der Glaube an die beste der Welten, nach (vol2)

 

Gebräuche Seltsam

 

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