räutigamswahl  Als der König einmal auf der Jagd war, fanden die drei Töchter den Schlüssel zum verbotenen Zimmer, öffneten und traten ein. Die älteste Tochter setzte sich auf den Stuhl ihrer Mutter, ergriff die weißen Blüten, die auf ihm lagen, und sprach: »Ich bitte Gott und diesen wunderbaren Stuhl, daß der Sohn des Königs des Westens mich freien möge!« Da fielen die Blüten aus ihrer Hand.

Die zweite ergriff die Blüten, setzte sich in den Sessel und wünschte sich den Sohn des Königs des Ostens.

Die jüngste Tochter aber wollte dem Befehle des Vaters gehorsam bleiben. Da zwangen die Schwestern sie, sich in den Stuhl zu setzen.

Da sagte sie: »Ich bitte Gott und diesen wunderbaren Stuhl, daß der Weiße Hund des Gebirges mich freien möge!«

Sie sagte es aus Ärger, denn sie wußte überhaupt nicht, ob es solch ein Wesen gäbe.

Noch an demselben Nachmittag kam der Sohn des Königs des Westens in seiner Kutsche und führte die älteste Tochter mit sich.

Am zweiten Tage führte der Sohn des Königs des Ostens die zweite Prinzessin fort.

Am Morgen des dritten Tages war der Weiße Hund vom Gebirge vor dem Tore mit Pferd und Wagen.

Da sagte sie: »Ich muß mich in Gottes Willen fügen.« Sie ging mit ihm.

Als sie sich schwanger fühlte, bat sie ihn um Erlaubnis, nach Hause zurückzukehren. Er gewährte es, obwohl nicht gern.

Sie gebar eine Tochter, ein schönes Kind; das hatte einen Reif um das Haupt, der auf der Stirne golden, am Hinterkopfe aber silbern war. Die Mutter fühlte sich sehr schwach und überließ das Kind einer Magd zur Bewachung. Da kamen zwei Hände durch den Kamin und raubten es.

Am nächsten Morgen kam der Weiße Hund und holte seine Gemahlin wieder ab.

Später gebar sie noch eine Tochter im Hause ihres Vaters, die hatte auch einen solchen Reif um das Haupt. Wieder raubten die Hände das Kind, wieder holte der Weiße Hund sie am nächsten Morgen ab.

Und als abermals ihre Stunde kam, wollte sie wieder zum Hause ihres Vaters. Der Weiße Hund erlaubte es schließlich, sagte ihr aber, daß er sie nicht wieder abholen werde.

Und sie gebar einen schönen Knaben, der trug auch den Reif, golden vor der Stirn, silbern am Hinterkopf.

Da kamen ihre beiden Schwestern heim, arm und bloß. Und als sie ihrer Schwester Schätze sahen, führten sie sie in den Wald, beraubten sie und wollten sie schlagen. Da hörten sie Donner und das Krachen stürzender Bäume. Der Weiße Hund vom Gebirge war da; der schlug die beiden bösen Schwestern halb tot, dann wanderte er von dannen, ohne ein Wort zu seinem Weibe zu sprechen. Sie aber sagte, daß sie ihm folgen wolle. Die Nacht kam. Da befahl der Weiße Hund ihr, in eine Hütte am Wege einzukehren; er werde bis zum Morgen auf sie warten. Die Frau in der Hütte gab ihr zu essen und setzte sie ans Feuer.

Auf dem Fußboden aber spielte ein kleines Mädchen, das hatte einen Reif um das Haupt, der war golden auf der Stirn, silbern aber am Hinterhaupt. Und das Kind kam und legte den Kopf in den Schoß der Königstochter. So schliefen sie bis zum Morgen.

Als sie fortging, sagte die Frau der Hütte zu ihr, es wäre gefährlich für sie, dem Weißen Hund zu folgen. Wenn sie es aber doch tue, so würde dieser kleine Kamm ihr von Nutzen sein.

Und sie schenkte der Königstochter einen kleinen Kamm.

Dann raste der Weiße Hund vor ihr dahin, und sie folgte ihm bis zur sinkenden Nacht. Wieder schickte er sie m eine Hütte am Wege; wieder sah sie dort ein Mädchen mit einem Reif, der halb silbern, halb golden war, und auch dieses Mädchen schlief in ihrem Schoße bis zum Sonnenaufgang.

Als sie fortging, schenkte die Frau der Hütte ihreine Schere.

Am dritten Abend fand sie in einer Hütte einen kleinen Knaben, der hatte einen halb goldenen, halb silbernen Reif um das Haupt, aber nur ein Auge. Sie fragte die Alte der Hütte, wo das andere Auge wäre. Da griff sie in die Tasche, zog es heraus und sofort sprang es an seinen Platz. Beim Abschied schenkte die Alte ihr eine Nadel.

Am andern Tage eröffnete ihr der Weiße Hund, daß sie die Ursache seines Unglücks sei. Die Verwünschungen, die auf ihm ruhten, wären aufgehoben worden, wenn sie die Kinder in seinem Hause geboren hätte. Von jetzt ab werde er nie mehr einen Blick auf sie werfen.

Er trat in einen Erdhügel. Sie ergriff die Vorderseite seines Hemdes und ließ vier Blutstropfen darauf fallen. Dann schloß sich der Hügel hinter ihm; sie aber wurde in einen großen Stein verwandelt.   - (ir)

 

Gattenwahl Bräutigam

 

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