Die Spinne schnellt vor und faßt die Ahnungslose mit dem Haken am Flügelende, während ihre Füße sie ungeschickt umklammern. Einige Sekunden lang wehrt sich die Biene nach Leibeskräften wider den ihr auf dem Rücken sitzenden Angreifer, wo sie ihm mit dem Stachel nichts anhaben kann. Lange jedoch kann dieses Ringen Körper an Körper nicht dauern, ohne daß es der Umklammerten gelänge, sich zu befreien. So läßt denn die Spinne den Flügel plötzlich los und erhascht mit einem raschen Sprung die Beute genau am Nacken. Sobald sich ihre Klauen dort eingeschlagen haben, ist der Kampf zu Ende.
Die Biene ist wie vom Blitz getroffen. Von ihrer wirbelnden Lebhaftigkeit bleibt nichts mehr übrig als ein schwaches Zittern der äußersten Beinglieder, dann endet auch dieses.
Ihre Beute immer noch am Nacken haltend, beginnt die Krabbenspinne sogleich mit ihrer Mahlzeit, die nicht aus dem Körper, der intakt bleibt, besteht, sondern aus dem langsam geschlürften Blut. Ist der Hals versiegt, wird eine andere Stelle angezapft, am Hinterleib, am Brustteil, wie es sich gerade ergibt. So erklärt es sich auch, weshalb ich bei meinen Beobachtungen im Freien die Krabbenspinne das eine Mal antraf, wenn sie ihre Zähne in den Nacken, das andere Mal in irgendeine andere Körperstelle der Biene geschlagen hatte. Im ersten Falle war die Beute soeben erlegt worden, und der Jäger wurde in der Anfangsstellung angetroffen; im zweiten Fall war die Beute schon älter, und die Arachnide hatte die Genickwunde verlassen, um irgendeine andere saftreiche Stelle anzubeißen.
Indem er so seine Kieferklauen einmal da, einmal dort ansetzt,
saugt sich der kleine Vielfraß behäbig mit dem Blut seines Opfers
voll. Ich habe Mahlzeiten beobachtet, die ununterbrochen sieben
Stunden dauerten, und auch dann war es nur meine Wißbegierde,
die die Spinne veranlaßte, ihre Beute fahrenzu lassen. Das für
die Spinne wertlose Überbleibsel des Bienenkadavers bleibt völlig
unversehrt. Keine Spur von zerkautem Fleisch, keine Wunde findet
sich vor. Der Biene wurde einfach alles Blut entzogen und sonst
nichts. -
(fab)
»Gut!« schrie er das Tierchen an, »trink mein Blut, einverstanden! Ernähre dich von mir, ich gestehe es dir zu! Warum zum Teufel aber verpaßt du mir dieses Gift, das mich anschwellen läßt und mich brennt? Was für ein Vergnügen, was für ein Nutzen liegt darin, mir wehzutun, du kleiner Bösewicht?«
Aber bald wurde er ganz stolz bei dem Gedanken, daß die Mücken ihn sicherlich
nur deshalb stachen, weil sein Blut von sehr guter Qualität war. - (
eisen
)
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TAZ
Blutsäufer (4) FRÄULEIN: Glauben Sie, ich könnte kein
Blut sehn! Glauben Sie, daß ich so schwach bin - - -oh- ich möcht dein Blut,
dein Hirn auf dem Klotz sehn — dein ganzes Geschlecht möcht ich in dem Blut
da schwimmen sehn - - - ich glaub, ich könnt aus deinem Schädel
trinken, ich möchte meine Füße in deinem Brustkorb baden, und dein Herz
könnt ich gebraten essen! — Du glaubst, ich bin schwach...? - August
Strindberg, Fräulein Julie, nach: Der Rabe 49, Zürich 1997
Blutsäufer (5)
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