Als sie nun ankam, hielt
sie sich diesseits von Schwelle und Türen, nahm sich den Himmel
zum Dach, eine jegliche Mannesberührung mied sie, errichtete
zwei Altäre aus Stücken von Rasen, einen für Hecate
rechts, den links für die Göttin der Jugend.
Als sie diese mit Grün und Gesträuch von den Feldern umhegt
hat und aus der Erde Grund in der Näh zwei Gruben gehoben, bringt
sie das Opfer; sie stößt den Dolch
in die wollige, schwarze Kehle und läßt das Blut in die Gruben,
die offenen, fließen. Gießt dann spendend hinzu von klarem Wein
einen Becher, gießt noch weiter hinzu von warmer Milch einen
zweiten, läßt ihre Worte strömen und ruft die Götter der Erde,
bittet den Herrn der Schatten mit ihm die geraubte Gemahlin,
nicht zu frühe den Leib um die alternde Seele zu bringen. Als
sie jene versöhnt mit langem Beten und Murmeln, heißt sie des
Aeson entkräfteten Leih, der durch Lieder in tiefsten Schlaf
versenkt ist, gleich einem Toten hinaus in das Freie tragen
und streckt ihn aus auf den hingebreiteten Kräutern, heißt dann
ferne von da den Sohn und ferne die Diener gehn und mahnt sie
ihr Laienaug vom Geheimen zu wenden.
Und die Geheißenen fliehn. Medea, das Haar nach der Bacchen Weise
gelöst, umschreitet den Brand der Altäre, die Fackel taucht
sie, die spänige, ein in das schwarze Blut in den Gruben und
entzündet sie dann an den Flammen beider Altäre. Dreimal weiht
sie den Greis mit Feuer, dreimal mit Wasser, dreimal mit Schwefel.
Im Kessel dampft indessen der starke Zauber und wallt und färbt
sich weiß im brodelnden Schaume. Drinnen siedet sie nun die
Wurzeln, die sie im Tale Tempe geschnitten, die Samen, die Blüten,
die ätzenden Säfte, wirft im äußersten Osten gesuchte Steine
hinein und Sand, den Oceanusfluten im Rückwärtsebben gewaschen,
gibt den Reif noch hinzu, der gesammelt im Scheine des Vollmonds,
weiter die Flügel sowie das Fleisch des unholden Uhus, dann
das Geweid eines zwiegestalteten Wolfs, der sein tierisch Aussehn
mit dem eines Mannes zu wechseln vermocht, und da fehlten nicht
die dünne, schuppige Haut des libyschen Giftwurms, nicht die
Leber des lebigen Hirschs; zu alledem fügt sie Schnabel und
Haupt einer Krähe, die neun Jahrhunderte schaute. Als die Barbarin
mit diesen und ungenannten unzählgen anderen Dingen gedient
ihrem übermenschlichen Vorsatz, rührt sie alles um mit dem längst
vertrockneten Zweig des milden Ölbaums und läßt, was zuhöchst,
was zutiefst, sich vermengen. Und das alte Holz, bewegt in der
Hitze des Kessels, siehe! ergrünt zunächst, es hüllt sich in
Blätter in kurzer Frist und plötzlich trägt es die Last der
reifen Oliven. Aber, wohin das Feuer geworfen den Schaum aus
des Kessels Höhlung, und wo auf die Erde die warmen Tropfen
gefallen, frühlingt der Boden und Blumen und schwellender Rasen
ersprießen.
Als Medea es sah, durchschnitt sie sogleich mit gezücktem Schwerte
die Kehle dem Greis, ließ aus dann fließen das alte Blut und
ersetzt's durch die Säfte. Als Aeson diese getrunken, teils
durch den Mund und teils durch die Wunde, verloren sein Haar, sein Bart
ihr Weiß und rafften die Schwärze der Jugend sich an, da floh
die Dürre, verscheucht, verschwanden Bleiche und Welkheit, füllten
sich wieder, mit Fleisch sich ebnend, die Falten und Runzeln, strotzten
die Glieder von Kraft. Und Aeson staunt und entsinnt sich, daß
er vor vierzig Jahren ein solcher Jüngling gewesen.
Bacchus hat aus der Höh das Wunder gesehn, und gemahnt, man könne
auf ähnliche Art seinen Ammen die Jahre der Jugend wiedergeben,
empfängt er dies als Geschenk von Medea.
|