licke werfen Die Nachbarin schloß die Türe hinter dem Gast und sagte zu ihr: «Von nun an habt Ihr im Schlafzimmer die Oberhand. Aber Ihr seid nicht verführerisch, wenn Ihr auch schön seid. Wenn Eure Anziehungskraft so groß wäre wie Eure Schönheit, müßtet Ihr bei den Männern mindestens eine Gunst genießen wie die berühmte Schönheit Hsi-schï!»
Darauf ließ sie Frau Dschu zur Probe Blicke werfen und meinte dann: «Falsch
gemacht! Der Fehler liegt im äußeren Augenwinkel.» Dann mußte Frau Dschu zur
Probe lächeln, aber auch hierzu sagte die Nachbarin:
«Wiederum falsch! Mit Eurer linken Wange steht es noch nicht richtig!» Dann
warf Frau Heng selbst Blicke, in denen die Verführung der feuchten Herbstwelle
glänzte, und lächelte so anmutig, daß ihre ebenmäßigen weißen Zähne ein wenig
dabei sichtbar wurden. Frau Dschu mußte dies alles nachmachen, wohl an ein paar
Dutzend Mal, bevor sie es ungefähr getroffen hatte. Dann sagte Frau Heng: «Jetzt
geht nach Hause und übt das alles genau mit dem Spiegel in der Hand. Weiter
wüßte ich keine Taktik zu lehren. Was das Verhalten im Bett angeht, so handelt,
wie es die Gelegenheit erfordert, und gebt Euch in der Weise hin, wie er es
liebt. Das kann ich nicht mit bloßen Worten lehren.» - Pu Sung-ling, nach: Die goldene Truhe. Chinesische
Novellen aus zwei Jahrtausenden. München 1961
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