Blick zum Himmel   Der Abend war zu friedlich. Ich rauchte und sah auf den See und in den Himmel und zu einem Rotkehlchen hinauf, das auf dem kahlen Wipfel einer hohen Fichte darauf wartete, daß es dunkel genug werde, damit es sein Gute-Nacht-Lied singen könne.

Nach einer halben Stunde stand ich auf, wühlte mit dem Absatz ein Loch in den weichen Boden, klopfte meine Pfeife aus und trat die Erde über der Asche fest. Ohne jeden Grund ging ich ein paar Schritte zum See hinunter, und das brachte mich zum Ende des Baums. Deshalb sah ich den Fuß.

Er stak in einem weißen Turnschuh, etwa Größe neun. Ich ging um die Baumwurzel herum.

Da war noch ein Fuß, gleichfalls in einem weißen Turnschuh. Danach kam eine schmalgestreifte weiße Hose mit Beinen darin. Und dann ein Körper in einem blaßgrünen Sporthemd von der Sorte, die man über der Hose trägt und die Brusttaschen hat. Knöpfe hatte es keine, aber einen spitzen Ausschnitt, und in dem spitzen Ausschnitt war eine behaarte Brust zu sehen. Der Mann war mittleren Alters, halb kahl, hatte eine gesunde Sonnenbräune und auf der Oberlippe einen dünnen, sauber ausrasierten Schnurrbart. Die Lippen waren voll, und sein Mund, wie üblich etwas geöffnet, zeigte große kräftige Zähne. Er hatte ein Gesicht, zu dem reichlich gutes Essen und nicht zu viele Sorgen gehörten. Seine Augen blickten zum Himmel hinauf. Ich schien ihren Blick nicht auffangen zu können.

Auf der linken Seite war das grüne Sporthemd von einem Blutfleck m der Größe eines Eßtellers durchtränkt. In der Mitte des Flecks mochte ein versengtes Loch sein. Ich war mir dessen nicht sicher. Das Licht war etwas unzuverlässig geworden.   - Raymond Chandler, Mord aus dem Handgelenk. Frankfurt am Main und Berlin 1968

 

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