Black Panther   Donnell stand am Rand des Pools und sah Woody mit geschlossenen Augen an sich vorbeitreiben. Man müßte ihm einen Apfel ins Maul stecken, dachte Donnell, und: Ich wünschte, Cochise könnte das sehen.

»Woran erinnert dich das?« würde er zu Cochise sagen. Und Cochise würde es sicher auch sehen: ein Schwein aus den Schweine-Cartoons in The Black Panther. Quiekende Schweine, die von einer schwarzen Faust an den Ringelschwänzen hochgezogen wurden. Schweine, die mit Stricken um die Hälse an einem Baum baumelten. Ein von Kugeln gespicktes Schwein in Bullenuniform, das >Oink< machte, während ein Bruder ihm eine Pistole vors Gesicht hielt.

Es war Cochise Patterson gewesen, der ihn zu den Panthers gebracht und ihm erklärt hatte, das wichtigste Werkzeug der Befreiung sei die Pistole. Mit einer Waffe ließ sich alles ganz cool regeln. Nur mit Waffengewalt konnten die schwarzen Massen den beschissenen Terror und die Brutalität beenden, die mittels der weißen rassistischen Machtstrukturen gegen sie ausgeübt wurden. Cochise hatte ihm gesagt, daß sie erst aufhören würden, wenn sie den Kapitalismus zerschlagen und vernichtet hatten.

Doch Cochise saß jetzt wieder im Knast, hatte fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahre abzusitzen, sagte: »Scheiß was drauf!« und las Comics. Und ein paar andere hatten eine Kehrtwendung um hundertachtzig Grad gemacht und sich auf die andere Seite geschlagen. Eldridge Cleaver zum Beispiel, der berühmteste Panther von allen. Nachdem er jahrelang auf der Flucht gewesen war, sich in Kanada, Mexiko, Kuba, Nordafrika, in Asien und dann in Frankreich versteckt hatte, hatte er Jesus gefunden und pries den American Way of Life als den einzig möglichen. Es schien ihn nicht im geringsten zu stören, daß einige ihn den >größten Arschkriecher aller Zeiten< nannten.

Auch Donnell hatte sich nach neuen Möglichkeiten umgesehen und war seit den revolutionären Tagen ganz schön herumgekommen. Er hatte zwar nicht Jesus als Erlöser gefunden, dafür aber einen andern, der vielleicht noch besser war.

»Mr. Woody«, sagte Donnell zu dem weißen Kloß auf der Luftmatratze, »Sie haben mir noch nicht gesagt, was Sie heute abend essen möchten.«

Der Mann trieb mit geschlossenen Augen im Dampf und ließ die Hände ins warme Wasser hängen. Was dachte er wohl in seinem von Fusel benebelten Kopf? Was sah er da drinnen? Vielleicht Bilder aus ferner Vergangenheit, als er noch klar gewesen war? Wohl kaum welche aus der beschissenen Gegenwart. Was hatte er denn in letzter Zeit vollbracht, woran er voll Stolz denken konnte?

»Mr. Woody?«

»Was?« Die Augen blieben geschlossen.

»Was möchten Sie essen?«

Der Mann bewegte den Mund, als ob er einen üblen Geschmack darin spürte, doch kein Wort kam über seine Lippen,

Donnell legte die Fingerspitzen hinter die Ohren und beugte sich über den gekachelten Rand des Schwimmbek-kens vor. »Höre ich nicht Ihren Magen knurren?«

Keine Antwort.

»Hat die Sache mit Ihrem Bruder Sie so mitgenommen?«

Keine Antwort. Entweder schlief er, oder er bekam gar nicht mit, was Donnell sagte.

»Sie werden nach dem Schwimmen sicher hungrig sein. Ich brate ein paar Hühnchen. Was halten Sie davon?«

Keine Antwort.

Am besten, ich ruf beim Chinamann an, dachte Donnell, bestelle eine Portion Hühnchen Lo mein für ihn und kippe den Dreck auf einen Teller. Für mich selbst bestell ich ein paar Shrimps in Schinkenröllchen. Manchmal aßen sie gemeinsam in der Küche, und dann nannte Woody ihn immer ›Kumpel‹.  - Elmore Leonard, Freaky Deaky. München 1989

 

US-Amerikamer

 

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