iochemiker Warum empfand er nichts? Das war unerklärlich. Er zündete sich eine weitere Zigarette an und begriff plötzlich, daß er mit Nachdenken nicht weiterkam. Entweder zeugt man ein Kind oder man zeugt es nicht; das hat nichts mit einer rationalen Entscheidung zu tun, das gehört nicht zu den Entscheidungen, die ein Mensch auf rationale Weise treffen kann. Er drückte seine Kippe im Aschenbecher aus und murmelte: »Einverstanden.«
Annabelle half ihm, sich auszuziehen, und masturbierte ihn sanft, damit er
in sie eindringen konnte. Er spürte kaum etwas, außer der sanften Warme ihrer
Scheide. Überrascht von der geometrischen Evidenz der Begattung und entzückt
über die geschmeidige Anpassungsfähigkeit der Schleimhäute hörte er bald auf,
sich zu bewegen. Annabelle küßte ihn auf den Mund und schlang die Arme um ihn.
Er schloß die Augen, spürte die Existenz seines Glieds viel deutlicher, und
begann sich wieder auf und ab zu bewegen. Kurz bevor er ejakulierte, hatte er
die unglaublich deutliche Vision vom Verschmelzen der Geschlechtszellen und
gleich darauf die Vision von den ersten Zellteilungen. Es war wie eine Flucht
nach vorn, ein kleiner Selbstmord. Eine Welle des Bewußtseins durchlief sein
Glied, er spürte, wie sein Samen aus ihm herausgeschleudert wurde. Annabelle
spürte es ebenfalls und stieß einen tiefen Seufzer aus; dann blieben sie regungslos
liegen.
- Michel Houellebecq,
Elementarteilchen. München 2001 (zuerst 1998)
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