Bild loswerden  Bei der wirklichen Trauer ist es die »Realitätsprüfung«, die mir zeigt, daß das Liebesobjekt zu existieren aufgehört hat. Bei der Trauer des Liebenden ist das Objekt weder tot noch fern. Ich bin es, der beschließt, daß sein Bild sterben muß (und ich werde vielleicht sogar so weit gehen, ihm diesen Tod zu verheimlichen). In der ganzen Zeitspanne, die diese merkwürdige Trauer in Anspruch nimmt, muß ich also zwei gegensätzliche Arten von Unglück ertragen: darunter leiden, daß der Andere präsent ist (und mich unwissentlich zu verletzen fortfährt), und darum trauern, daß er tot ist (wenigstens der, den ich geliebt habe). Also ängstige ich mich (alte Gewohnheit) wegen eines Telephonanrufs, der ausbleibt, muß mir aber gleichzeitig sagen, daß diese Stille auf jeden Fall folgenlos ist, weil ich ja beschlossen habe, diese Besorgnis in den Wind zu schlagen: nur dem geliebten Bild galt ja die Erwartung eines Anrufes; da dieses Bild verblaßt ist, erhält das Telephon, ob es nun klingelt oder nicht, seine belanglose Existenz zurück. - (barthes)
 
 

Bild Loswerden

 

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