ierflasche
Auch Marie hatte unter der Uferpromenade ihr Bic angemacht und suchend
in die Abfälle und das wuchernde Unkraut hinuntergeblickt. »Ich seh ihn nicht«,
hatte sie gesagt. Und seinen Glücksdollar gemeint. »Ich seh ihn nicht... Und
jetzt muß ich zurück.« Er schlug ihr mit einer alten Bierflasche, die er aus
dem Müll herausgeklaubt hatte, auf den Hinterkopf. Sie ließ das Feuerzeug fallen
und schrie in einem merkwürdig heulenden Ton auf, vollkommen überrascht. In
der Dunkelheit schlug er noch einmal zu und merkte dabei, daß sie sich die Hände
schützend vor den Kopf gelegt hatte. Sie schrie jetzt lauter, und er fühlte,
daß sie sich an ihn drängte. »Oh, bitte helfen Sie mir«, sagte sie und schien
überhaupt nicht begriffen zu haben, daß er es war, der auf sie einprügelte.
Obwohl er nicht das geringste sehen konnte, schlug er erneut zu. Als sie sich,
anscheinend Schutz suchend, an ihn klammern wollte und ihre Arme um ihn legte,
packte er sie an der Jacke. Aber sie hatte sich so dicht an ihn herangedrängt,
daß er nicht genug Kraft in den Schlag, in dem er sie wieder abschütteln wollte,
hineinlegen konnte. Als seine Faust sie traf, stöhnte sie etwas wie oh oder
nein oder oh nein. Dann kam plötzlich, vielleicht einen halben Block entfernt,
Scheinwerferlicht die Kentucky Avenue hinauf gekrochen. Er konnte sie für einen
Moment wieder deutlich erkennen, auch ihr zerschnittenes Gesicht, aus dem die
Brille verschwunden war. Es gelang ihm, sie von sich zu stoßen, er faßte sie
kurz und gab ihr dann mit der Bierflasche einen weiteren Schlag auf den Schädel.
Aber die verdammte Flasche wollte nicht zerbrechen. Er schlug sie gegen einen
Stützpfeiler, ebenso erfolglos. Dann drängte er Marie gegen das Holzgerüst und
schlug ihren Kopf ein paarmal gegen einen Pfahl. Damit schien die Sache endlich
erledigt zu sein. Er hatte gelernt, daß es gar nicht so einfach war, jemanden
in seinem Hotelzimmer zu erschießen, und er hatte lernen müssen, daß eine Bierflasche
vielleicht doch nicht das geeignete Instrument war, wenn man jemand rasch aus
dem Weg räumen wollte. Dabei bestand das Problem im Grunde darin, daß er das
Geräusch nicht ertragen konnte, wenn etwas auf einen fremden Schädel traf. Die
Folge war, daß er nie mit aller Kraft zuschlug, weil er den dumpfen Aufprall
der Flasche nicht hören wollte. Deshalb hatte alles länger gedauert, bis er
ihren Schädel schließlich in blinder Wut gegen den Holzpfeiler geschlagen hatte.
Danach war es wieder still unter der Promenade, beinahe heimelig mit dem trüben
Scheinwerferlicht, das die Straße heraufschien. Er schob mit den Füßen den herumliegenden
Müll beiseite und kniete dann zu Marie auf den feuchten Sandboden. Herr im Himmel.
So ganz allein mit dieser Frau, konnte er mit ihr machen, was er wollte. Sie
zum Beispiel ein bißchen ausziehen und befühlen. Uuuh, das war komisch. Aber
er wollte auch noch etwas von ihr sehen. Also zog er sie weiter aus, die Hose,
dann die Unterhosen, sie waren so groß wie die seiner Mutter, die immer im Badezimmer
zum Trocknen hingen. Dann zog er ein Heftchen Streichhölzer aus der Tasche,
zündete eines nach dem anderen an, hielt jedes, solange er konnte, zwischen
zwei Fingern und betrachtete sie dabei eingehend. Eigentlich hatte er gar nicht
vorgehabt, mit Marie Liebe zu machen. Aber während er sie so ansah, wurde der
Wunsch dazu in ihm immer stärker. Er überlegte, wann sie es wohl das letzte
Mal mit einem Mann getrieben hatte. Killekillekille. Ihr Schamhaar sah zerrupft
aus oder mottenzerfressen, irgendwie merkwürdig. Ach, trotzdem...
- Elmore Leonard, Glitz. München 1989
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