eziehung     »War er eifersüchtig?«

»Auf seine Art. Wir hatten kaum Beziehungen, wenn Sie verstehen, was ich damit sagen will, und sie waren immer kühl und fast mechanisch. Er hätte es nicht verurteilt, daß mich ein anderer Mann anzog, wohl aber einen Fehltritt, eine Sünde, einen Verrat, etwas, das er als unsauber ansah. Entschuldigen Sie, wenn ich zuviel gesagt habe und wenn es so wirkt, als ob ich ihn schlecht machen wollte, was nicht in meiner Absicht liegt. Ebensowenig will ich mich besser machen, als ich bin. Ich bin sowieso bald über das Alter hinaus, in dem man sich verliebt, und ich nütze die Zeit, die mir noch bleibt.«

Sie hatte einen fleischigen Mund und funkelnde Augen. Seit einigen Minuten schlug sie immer wieder die Beine übereinander.

»Wollen Sie wirklich nicht etwas trinken?«

»Nein, danke. Es ist Zeit, daß ich gehe.«

»Das alles bleibt doch wohl unter uns?«

Er lächelte ihr zu, ging zur Tür, an der sie ihm ihre warme, mollige Hand reichte.

»Ich werde jetzt das Kleid meiner Tochter nähen«, murmelte sie wie bedauernd. - Georges Simenon, Maigret und die alten Leute. München 1972 (Heyne Simenon-Kriminalromane 53, zuerst 1960)

Beziehung (2)  Zwei schwule Geier im Jerusalemer Bibelzoo haben ihre Liebe zu weiblichen Artgenossen wiederentdeckt. Die Zeitung Jediot Achronot meldete gestern, die Vögel namens Daschik und Jehuda hätten ihre Beziehung beendet. Sie hatten in der Vergangenheit häufig gebalzt und sogar gemeinsam adoptierte Geierküken aufgezogen. Mit der Ankunft des Geierweibchens Beatrice habe Jehuda aber schlagartig das Interesse an Daschik verloren und sich ihr zugewandt. Der verschmähte Geier tröstet sich in einem anderen Zoo inzwischen ebenfalls mit einem Weibchen. - dpa / Berliner Zeitung vom 16. Februar 2006

Beziehung (3) Von Zeit zu Zeit, wenn ihr eben danach ist, sucht sie einen gutgekleideten, kräftigen Burschen auf und er ist meist für sie da. Sie muß dafür nicht bezahlen. Sie sind Körperfreunde. Sie wissen wenig voneinander, nichts Tieferes, vom Lebensweg des anderen nur eben soviel, wie man in Zigarettenpausen spricht und dann leicht vergißt. So wird es getan, genauso wie es in tausend Magazinen schon beschrieben und sogar empfohlen wurde. So vorbildlich helfen sich hier zwei, die es vorziehen, allein und ungebunden zu leben. Vor dem Haus streichelt sie dem Mann in seinen weißen Hosen zum Abschied über die Wange. Weich und dankbar sieht es aus, lebensklug und nicht frivol. Eine umfassende Gebärde gleichwohl für die lasche Güte und die Auswegsfülle, in der mittlerweile das Lieben abseits der Liebe verläuft. Wir haben es hier eher zu tun mit einer liberaldemokratischen Einrichtung, chaoslos und angstfrei, die Liebe dem Guten untergeordnet, domestiziert und der Freiheit gewidmet. Die Angst gehört den Atomkraftwerken. Keiner ist mehr gezwungen, sie an ihrer geschlechtlichen Quelle selbst zu ertragen.  - Botho Strauß, Paare, Passanten. München 1984 (dtv 10250, zuerst 1981)

Beziehung (4)  Auf unseren Jagdzügen und auf der Farm entwickelte sich meine Bekanntschaft mit den Schwarzen zu einer festen persönlichen Beziehung. Wir wurden gute Freunde. Ich fand mich damit ab, daß ich sie zwar nie ganz kennen und verstehen würde, daß sie mich aber durch und durch kannten und die Entscheidungen, die ich treffen würde, bereits wußten, ehe ich selbst entschieden hatte. - (blix2)

Beziehung (5)  

Beziehung (6)  Was war an Mrs. Gorman und was an Watt, das Watt so verführte und Mrs. Gorman so rührte? Zwischen welchen Tiefen Ruf und Gegenruf? Zwischen Watt, dem Nicht-Männermann, und Mrs. Gorman, der Nicht-Frauenfrau? Zwischen Watt, dem Nicht-Frauenmann, und Mrs. Gorman, der Nicht-Männerfrau? Zwischen Watt, dem Nicht-Männermann, und Mrs. Gorman, der Nicht-Männerfrau? Zwischen Watt, dem Nicht-Frauenmann, und Mrs. Gorman, der Nicht-Frauenfrau? Zwisdien Watt, dem Weder-Männer- noch Frauenmann, und Mrs. Gorman, der Weder-Männer- noch Frauenfrau? In seinen eigenen edelsten Teilen ahnte er sie in nuklearer Umklammerung, die Männer, die weder Männer- noch Frauenmänner waren. Und Mrs. Gorman war zweifellos der Spielball einer ähnlichen Konglutination. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Und war es nicht vielleicht doch eher so, daß die Ursachen der Zuneigung Mrs. Gormans zu Watt und Watts zu Mrs. Gorman bei ihr die Flasche Stout und bei ihm der Fischgeruch waren? Dies war die Meinung, zu der Watt Jahre später, als Mrs. Gorman nicht mehr als eine blasse Erinnerung, als ein sich verflüchtigender Duft war, neigte.  - (wat)

Beziehung (7)  WAS MICH AN DIESEN MANN BINDET, ist die Vergeblichkeit unserer Beziehung, eigentlich müßte ich sagen, der unablässige Schmerz, den sie bereitet; ist, daß er sich in mein Leben hineingestellt hat als etwas, das Leben vortäuscht und zugleich unterschlägt und mich der mir ohnehin nicht entsprechenden Anstrengung, lebendig zu sein, enthebt. Ich habe zwar versucht ihn zu hassen, oder seiner, dieser Mischung aus Draufgängertum und Verlierertum, überdrüssig zu werden, aber gelungen ist es mir nie; denn indem ich ihn hasse, würde ich mir ja eine Lebensgenehmigung erwirken, was ich jedoch verabscheue. Aber trotzdem, wenn ich behaupten würde, ein Gefühl der Liebe, selbst in einer niedrigen, verkommenen Form, binde mich an diesen Mann, müßte ich mich, glaube ich, eine Lügnerin nennen. Und mich erstaunt folgendes: daß an der Stelle der Seele, wo die Liebe - selbst eine schlechte Liebe - einmal am Werk war, ein Zeichen bleibt: ein Abdruck, eine Spur, zwar hohl, aber erkennbar wie der hart gewordene Gips auf dem spitzen Antlitz eines Toten.  - Giorgio Manganelli, Liebende. In: (irrt)

Beziehung (8)  Ganz sicher wird deine Lage nicht frei sein von Entsetzen und Beklemmung und einer bestimmten Form von Angst, die ich vielleicht ahne; so wie die Angst vor etwas, das uns nicht kennt und trotzdem nicht ohne Beziehung zu uns ist, auch wenn niemand sagen könnte, um was für eine Beziehung es sich handelt und welche Beziehung du selbst zu dem Krakeelenden unterhältst; aber eine Beziehung ist da. Und wenn nun gerade diese teilnehmende Fremdheit das Wesen der Beziehung wäre, die zu unterhalten möglich ist - ja vielleicht sogar die Beziehung schlechthin - in gleichem Maße aus Gier und Irrtum, Distanz und Juxtaposition geformt? Wenn die Beziehung ein Loch, eine Leere oder eine Lücke wäre - unerforschlich und finster, aber vor allem zerstreut - ein Entsetzen, das in keiner Weise entsetzt?  - Giorgio Manganelli, Geräusche oder Stimmen. Berlin 1989
 

 

Geselligkeit

 

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