eweis
Gödel zeigte,
daß Beweisbarkeit ein schwächerer Begriff ist als Wahrheit.
- (
hof
)
Beweis (2) Es wird mir nach
gerade beschwerlich, immer die behutsame Sprache der Vernunft
zu führen. Warum sollte es mir nicht auch erlaubt sein, im akademischen
Tone zu reden, der entscheidender ist, und so wohl den Verfasser
als den Leser des Nachdenkens überhebt, welches über lang oder
kurz beide nur zu einer verdrießlichen Unentschlossenheit führen
muß. Es ist demnach so gut als demonstriert, oder, es könnte
leichtlich bewiesen werden, wenn man weitläuftig sein wollte,
oder noch besser, es wird künftig, ich weiß nicht wo oder wenn,
noch bewiesen werden: daß die menschliche Seele auch in diesem
Leben in einer unauflöslich verknüpften Gemeinschaft mit allen
immateriellen Naturen der Geisterwelt stehe, daß sie wechselweise
in diese wirke und von ihnen Eindrücke empfange, deren sie sich
aber als Mensch nicht bewußt ist, so lange alles wohl steht.
Andererseits ist es auch wahrscheinlich, daß die geistige Naturen
unmittelbar keine sinnliche Empfindung von der Körperwelt mit
Bewußtsein haben können, weil sie mit keinem Teil der Materie
zu einer Person verbunden sein, um sich vermittelst desselben
ihres Orts in dem materiellen Weltganzen,
und durch künstliche Organen der Verhältnis der ausgedehnten
Wesen, gegen sich und gegen einander bewußt zu werden, daß sie
aber wohl in die Seelen der Menschen als Wesen von einerlei Natur
einfließen können, und auch wirklich jederzeit mit ihr in wechselseitiger
Gemeinschaft stehen, doch so, daß in der Mitteilung der Vorstellungen
diejenige, welche die Seele als ein von
der Körperwelt abhängendes Wesen in sich enthält, nicht
in andern geistigen Wesen, und die Begriffe der letzteren, als
anschauende Vorstellungen von immateriellen Dingen, nicht in
das klare Bewußtsein des Menschen übergehen können, wenigstens
nicht in ihrer eigentlichen Beschaffenheit, weil die Materialien
zu beiderlei Ideen von verschiedener Art sind. - Immanuel
Kant, Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der
Metaphysik (1766)
Beweis (3) Der Gentleman
sagte mit einem freundlichen Lächeln:
»Was wäre das für ein Glaube, der erzwungen wird? Zudem helfen
beim Glauben keinerlei Beweise, besonders nicht materielle. Thomas
glaubte nicht, weil er den auferstandenen Christus sah, sondern
weil er schon vorher zu glauben gewünscht hatte. Da sind zum
Beispiel die Spiritisten... Ich habe sie sehr gern ... Stelle
dir nur vor, sie behaupten, sie seien dem Glauben nützlich, weil
die Teufel ihnen aus dem Jenseits die Hörner zeigen. 'Das ist
sozusagen ein materieller Beweis dafür,' behaupten sie, 'daß
es ein Jenseits gibt.' Das Jenseits und materielle Beweise, oje,
oje! Und schließlich, wenn die Existenz des Teufels bewiesen
ist, so weiß man doch noch nicht, ob auch die Existenz Gottes
bewiesen ist.« - Fjodor M. Dostojewskij, Die Brüder
Karamasow. München 1978 (dtv 2043, zuerst 1879)
Beweis (4) Wer keinen
Freund hat, verdient keinen; ein halb
wahrer Satz. Aber wer keinen Feind hat,
verdient keinen Freund; möchte eher zu beweisen sein. -
(
seume
)
Beweis (5) Schon fünfzehnhundert Jahre wahrte
in Babylon ein großer Streit, der das Reich in zwei unversöhnliche, feindliche
Lager spaltete. Die einen behaupteten, man dürfe den Tempel
des Mithra stets nur mit dem linken Fuß zuerst betreten;
bei den anderen galt dieser Brauch als Frevel, und sie traten immer mit dem
rechten Fuß zuerst in den Tempel. Mit Spannung erwarteten
alle das hohe Fest des Heiligen Feuers, um zu erfahren, zu welcher Sekte Zadig
sich bekenne. Die Augen der Welt waren auf die zwei Füße Zadigs gerichtet, Unruhe
und Erregung erfüllten die ganze Stadt. Zadig aber sprang mit geschlossenen
Füßen über die Schwelle des Tempels und bewies danach in einer glänzenden Rede,
daß der Gott des Himmels und der Erde, dem das Ansehen der Person nichts gelte,
dem linken Bein keinen größeren Wert beimesse als dem rechten. -
(
vol2
)
Beweis (6) Einmal mehr wurde Material
zur Verfügung gestellt bzw. vorgeführt, welches augenöffnend und auch atemberaubend
ist: Die Greifswald-identischen 'UFO'-Filme von St. Petersburg (mittels derer
sicherlich dem letzten Zweifler an der CENAP-Erklärung des Falls Greifswald
der Zahn gezogen wurde) sowie Ausschnitte aus dem russischen Material der TNT-Sondersendung.
Darüber hinaus konnten die Teilnehmer "das beste UFO-Videofilmmaterial"
einsehen, was Ulrich Magin am Rande zum Kommentar veranlasste (sinngemäß): "Jetzt
habe ich das beste UFO-Beweismaterial gesehen, aber wenn es so zweifelhaft ist...
Genauso wie in der Kryptozoologie sind die besten Aufnahmen, die wirklich etwas
zeigen, gleich wegen ihrer Machart unter Schwindelverdacht, während die unscharfen
Beweise alles und nichts zeigen können. Dadurch entsteht die nachdenkenswerte
Situation, dass sich nur durch die beliebige Interpretation des unscharfen Beweises
die Mythen um Ungeheuer oder UFOs ausbilden." - UFO-Tagung
in Cröffelbach
Beweis (7)
Beweis (8) Es
galt als ausgemacht, dass jede Hexe eine Stelle an ihrem Körper habe,
die unempfindlich gegen jeden Stich sei und auch
kein Blut dabei abgebe. Der Freimann oder sein Gehilfe spähten nun, mit einem
spitzen Instrument in der Hand, an dem nackten, enthaarten Körper eifrig nach
jeder Spur, die ihnen ein Hexenmal ankündigen mochte. Jede Warze,
Leberfleck oder sonst eine geringe Abweichung von der normalen Beschaffenheit
der Haut galt als verdächtig und wurde mit dem Stachel
erprobt. Es soll dabei vorgekommen sein, dass sich die Scharfrichter dabei eines
Instrumentes bedienten, dessen Spitze unauffällig zurückgezogen werden konnte,
oder dass sie sonstwie Manipulationen vornahmen, die keine Verletzung und somit
keinen Schmerz und keinen Blutverlust ergaben, wodurch natürlich das Bündnis
des Weibes mit dem Teufel erwiesen war. Ferner kam es auch vor, dass ihnen der
Scharfrichter irgendein mit unlesbaren Geschreibsel versehenes Stückchen Papier
in die Geschlechtsteile hineinpraktizierten und dann diesen angeblichen Fund
als Zeichen der Schuld vorwiesen. War es doch diesen Leuten, wiederholt sei
es bemerkt, aus Eigennutz und aus Berufseitelkeit darum zu tun, Schuldige überwiesen
zu haben, sei es auch mittelst der hässlichsten und betrügerischsten Kniffe.
Liess sich trotz alledem kein Teufelsmal finden oder erfinden, so hatte es „der
Teufel ausgelöscht." - (
hel
)
Beweis (9) MADAME DE CHANTEVER: Übrigens habe ich Sie mit Monsieur de Chantever betrogen.
MONSIEUR DE GARELLE: Das kann nicht sein.
MADAME DE CHANTEVER: Warum nicht? ...
MONSIEUR DE GARELLE: Weil er Sie dann nicht geheiratet hätte. - (
nov
)
Beweis (10) Agrippa,
der Skeptiker, argumentierte, daß jeder Beweis seinerseits
nach einem Beweis verlange, und so ins Unendliche.
- Nach Jorge Luis Borges, Kabbala und Tango. Essays. Frankfurt am Main 1991
Beweis (11) In gewisser Weise kehren wir immer wieder zu Humes
Problem zurück: Keine Aussage über die reale Welt läßt sich je wirklich
beweisen, aber man kann - um den sehr treffenden Ausdruck aus dem
angelsächsischen Recht zu zitieren ~ manchmal jeden vernünftigen Zweifel ausschließen. Der unvernünftige Zweifel bleibt bestehen. - Alan Sokal, Jean Bricmont, Eleganter
Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen.
München 2001
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