Bettelbrief  Sehr geehrter Herr,

die Liebe hat mich zur Mörderin und das Reisen zur Schmugglerin gemacht, aber all das wäre nicht geschehen, wenn ich nicht eines Sommernachmittags in einem Bottich wach geworden wäre, der im Kanal Saint-Martin schwamm. Woher dieser Bottich stammte und wieso ich darin saß, habe ich nie erfahren. Ich weiß, daß mich morgen früh unerträgliche Leibschmerzen heimsuchen werden, und meine Concierge wird sagen, ich stünde kurz vor einer Niederkunft. Niemand wird es glauben, aber das Unheil wird schon geschehen sein. Um allen diesen Widrigkeiten aus dem Weg zu gehen, bedürfte es nur wenig: der Anwesenheit einer mindestens sieben Generationen umfassenden Familie von Kellerasseln in meinem Schlafgemach. Wären Sie so freundlich, sie mir vorbeizuschicken? Sie würden mich aus Trübsal und Schande erretten, und ich wüßte Ihnen diese Wohltat durch ein Haifischei zu entgelten, das ich Ihnen bringen würde und für dessen Frische ich geradestehe.

                Mistinguett.  

 - Benjamin Péret, Die Schande der Dichter. Prosa, Lyrik, Briefe. Hamburg 1985 (edition nautilus)

 

Brief Bettler

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme