estialismus Allerdings
wird eine Religion oder Philosophie viel mehr, als die andere, den Menschen
befähigen, ruhigen Blickes dem Tod ins Angesicht zu sehn. Brahmanismus
und Buddhaismus, die den Menschen lehren, sich als das Urwesen selbst,
das Brahm, zu betrachten, welchem alles Entstehn und Vergehn wesentlich
fremd ist, werden darin viel mehr leisten, als solche, welche ihn aus nichts
gemacht seyn und seine, von einem Andern empfangene Existenz wirklich mit
der Geburt, anfangen lassen. Dem entsprechend finden wir in Indien eine
Zuversicht und eine Verachtung des Todes, von der man in Europa keinen
Begriff hat. Es ist in der That eine bedenkliche Sache, dem Menschen in
dieser wichtigen Hinsicht schwache und unhaltbare Begriffe durch frühes
Einprägen aufzuzwingen, und ihn dadurch zur Aufnahme der richtigeren und
standhaltenden auf immer unfähig zu machen. Z. B. ihn lehren, daß er erst
kürzlich aus Nichts geworden, folglich eine Ewigkeit hindurch Nichts gewesen
sei und dennoch für die Zukunft unvergänglich seyn solle, ist gerade so,
wie ihn lehren, daß er, obwohl durch und durch das Werk eines Andern, dennoch
für sein Thun und Lassen in alle Ewigkeit verantwortlich seyn solle. Wenn
nämlich dann, bei gereiftem Geiste und eingetretenem Nachdenken, das Unhaltbare
solcher Lehren sich ihm aufdringt; so hat er nichts Besseres an ihre Stelle
zu setzen, ja, ist nicht mehr fähig es zu verstehn, und geht dadurch des
Trostes verlustig, den auch ihm die Natur, zum Ersatz für die Gewißheit
des Todes, bestimmt hatte. In Folge solcher Entwickelung sehn wir eben
jetzt (1844), in England, unter verdorbenen Fabrikarbeitern, die Socialisten,
und in Deutschland, unter verdorbenen Studenten, die Junghegelianer zur
absolut physischen Ansicht herabsinken, welche zu dem Resultate führt:
edite, bibite, post mortem nulla voluptas [Eßt, trinkt, nach dem
Tode gibt es keine Lust mehr: nach 1. Kor. 15, 32], und insofern als Bestialismus
bezeichnet werden kann. -
(wv)
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