esen
An der Küste von Golkonda mußte unser Schiff ausgebessert werden.
Ich benutzte die Gelegenheit, um den Hof des großen Aurangzeb zu besuchen, von
dem man sich in der ganzen Welt geradezu Wunderdinge erzählte. Aurangzeb hielt
sich damals in Delhi auf, und ich hatte das Glück, ihn von Angesicht zu Angesicht
zu sehen, als er gerade in einer prunkvollen Zeremonie das göttliche Geschenk
des Scherifs von Mekka empfing. Es bestand aus einem Besen, mit dem man das
heilige Haus, die Kaaba oder Beit Allah, ausgefegt hatte, und dieser
Besen galt als ein Symbol, das allen Unrat der Seelen auskehrt. Aurangzeb schien
seiner nicht zu bedürfen, denn er war der frömmste Mann von ganz Hindostan.
Er hatte zwar einen seiner Brüder erdrosselt, seinen Vater vergiftet und zwanzig
Radschas und ebenso viele Emire zu Tode foltern lassen, aber das alles hatte
nichts zu sagen, und man sprach nur von seiner Frömmigkeit. Er wurde lediglich
mit der heiligen Majestät Mulei-Ismail, dem hochherrlichen Kaiser von Marokko,
verglichen, der jeden Freitag nach dem Gebet eine Anzahl Köpfe rollen ließ.
- Voltaire, Geschichte der Reisen Scarmentados. Stuttgart 1983 (Die Bibliothek von Babel, Bd. 28)
Besen (2)

- Goya, Caprichos. Zürich 1972 (detebe 33/1, zuerst 1799)
Besen (3)

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Eric Stanton, Bonnie and Clara